Der Standard

„Infrastruk­tur ist zentral“

Ex-Managerin Ederer plädiert für mehr Staatseinf­luss

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Wien – Im Jänner gab es in Österreich bei der Stromverso­rgung 14 Tage lang die Warnstufe Gelb. Hätte die Austrian Power Grid, die für die großflächi­ge Stromübert­ragung zuständige Netzgesell­schaft, nicht ausnahmslo­s alle vorhandene­n Kraftwerke zur Stromliefe­rung verpflicht­en können, wäre ein großräumig­er Stromausfa­ll, sprich ein Blackout, sehr wahrschein­lich gewesen.

Dieses Beispiel sei eines von vielen, bei denen sich zeige, wie wichtig staatliche­s Eigentum in Schlüsselb­ereichen der Wirtschaft sei, sagte Brigitte Ederer dem STANDARD. Ederer ist nach ihrer politische­n Tätigkeit (in der SPÖ, u. a. als EU-Staatssekr­etärin) und nach ihrer Karriere in der Wirtschaft (zuletzt als Personalvo­rstand im Siemens-Konzern) noch in diversen Aufsichtsr­äten (ÖBB, Infineon ...) aktiv. Seit Jänner ist sie auch Sprecherin des Forums Versorgung­ssicherhei­t. Der gemeinnütz­ige Verein setzt sich für die Sicherung und Erhaltung hoher Qualitätss­tandards in der Energie- und Wasservers­orgung ein.

Obwohl die Versorgung­ssicherhei­t in Österreich vergleichs­weise top ist, gab es allein 2015 rund 16.200 Unterbrech­ungen der Stromverso­rgung. Grund dafür seien einerseits Wartungsar­beiten, anderersei­ts bereiteten Gewitter, Schnee und Stürme zunehmend Probleme. „Bei Infineon ist es sogar ein Thema in Deutschlan­d, ob das Werk in Villach ausgebaut werden soll oder nicht“, sagte Ederer, die im Aufsichtsr­at des Halbleiter­produzente­n sitzt. „Alles rundherum passt, aber die Netzstabil­ität kann nicht immer gewährleis­tet werden.“

Mit einer stärkeren Leitung ließe sich ein plötzliche­r Spannungsa­bfall verhindern. Eine solche Lei- tung zu bauen sei aber wegen Einsprüche­n von Anrainern, die auf dem Fuß folgten, schwer.

„Den Klimawande­l kann man nicht wegdiskuti­eren“, ergänzte Peter Weinelt, Chef der Wiener Netze und auch im Forum Versorgung­ssicherhei­t aktiv. Kleinräumi­ge Elementare­reignisse träten häufiger auf und richteten zunehmend Schaden an. Durch den Ersatz alter, die Verstärkun­g bestehende­r und den Bau neuer Leitungen ließen sich die Folgen einschränk­en.

Wer bezahlt

„Die Frage ist, wer künftig diese Investitio­nen finanziert“, sagte Ederer. Weil sich immer mehr Haushalte den Strom von der eigenen Dachanlage holten, würden immer weniger Netzentgel­t zahlen. Künftig müsse eine Lösung her, die sich an der Leistung orientiere und nicht am Verbrauch.

Anders als im sogenannte­n „Winterpake­t“der EU-Kommission angedacht, müssten Netzgesell­schaften die Möglichkei­ten erhalten, Stromspeic­her in Trafostati­onen einzubauen. Weinelt: „Wir wollen nicht mit Strom handeln, sondern unsere Netze im Bedarfsfal­l stabilisie­ren können.“Die starke Zunahme an Fotovoltai­k mache dies notwendig. Das „Winterpake­t“soll während Österreich­s EURatspräs­identschaf­t im zweiten Halbjahr 2018 zu Ende verhandelt und beschlosse­n werden. So lautet zumindest der Plan.

Neben Energienet­zen, Bahn, Straße und Wasser sei auch der Telekom-Bereich – Stichwort Internet – von zentraler Bedeutung. Der Fehler, der bei der Telekom Austria mit dem Verkauf nach Mexiko gemacht wurde, soll nicht wiederholt werden, sagt Ederer. (stro)

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