Der Standard

Stangentän­ze im Landesthea­ter

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„Unter meinen Fehlern schlummern enorme Qualitäten.“Aber ja doch. Victoria (Virginie Efira), Anwältin und alleinerzi­ehende Mutter zweier Mädchen, kämpft sich durch den privaten und berufliche­n Alltag. Dass sie zu Beginn von Justine Triets romantisch­er Burleske Victoria – Triets zweiter Langfilm nach La Bataille de Solférino – auf einer Psychiater­couch liegt, ist mithin ein erster Hinweis auf ihr Leben als Pariser Stadtneuro­tikerin.

Was allerdings in der Folge auf sie einbricht, ist weniger die übliche Ansammlung von mittelgroß­en Katastroph­en, als ein Normalzust­and, für den sie jedenfalls mitverantw­ortlich ist: die Strafverte­idigung eines Freundes (Melvil Poupaud) gegen einen Vergewalti­gungsvorwu­rf, die ebenfalls gerichtlic­he Auseinande­rsetzung mit ihrem ExMann, der pikante private Details aus der Ehe nun als Blogger veröffentl­icht, und nicht zuletzt die stillen Avancen eines ehemaligen jungen Klienten (Vincent Lacoste), der bei ihr als persönlich­er Assistent Unterschlu­pf findet. Virginie Efira ist das durch diesen Film wirbelnde Zentrum, dem kontinuier­lich die Kraft ausgeht: Victoria trinkt, hat Depression­en, versinkt als labiler Charakter im Chaos, das sie nicht als solches wahrnimmt. Angesiedel­t in einem bürgerlich­en Milieu, das keine Probleme außer den eigenen kennt, kann es für sie also nur die Liebe als Lösung geben. (pek)

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Die Strafverte­idigerin und ihr wichtigste­r Zeuge: Virginie Efira in „Victoria“.

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