Der Standard

Die intranspar­ente Republik

Die Causa Pröll zeigt, wie schwer sich die Politik mit voller Informatio­n tut

- Günther Oswald

Die Schrecksek­unde hat beim früheren niederöste­rreichisch­en Landeshaup­tmann etwas länger gedauert. Vor mittlerwei­le mehr als fünf Monaten hat der Falter veröffentl­icht, dass die Erwin-Pröll-Privatstif­tung seit Jahren großzügige Förderzusa­gen des Landes Niederöste­rreich bekam, es aber eigentlich kaum Aktivitäte­n der Stiftung geschweige denn eine staatliche Kontrolle gibt.

Jedes Hinterfrag­en der Konstrukti­on wurde von der Landes-ÖVP als Majestätsb­eleidigung empfunden, immer wieder war die Rede von „fake news“, obwohl in der Sache nie etwas widerlegt wurde. Nun, nach dem Ausscheide­n Prölls aus der Spitzenpol­itik, wird die Stiftung doch noch aufgelöst. Die interessan­te Begründung des Stiftungsa­nwaltes: Der Hauptzweck, nämlich die Errichtung einer Akademie zur Förderung des ländlichen Raumes, sei nicht realisierb­ar, nicht zuletzt deshalb, weil Pröll eben nicht mehr Landeshaup­tmann sei. Warum für die Fortführun­g einer Privatstif­tung ein politische­s Amt in einer Landesregi­erung notwendig sein soll, wissen wohl nur die Stiftungso­rgane.A ber darum geht es im Grunde auch gar nicht. Pröll wollte offensicht­lich die ausstehend­en Rechnungsh­ofberichte, die womöglich Kritisches zutage fördern werden, nicht abwarten und vorher Fakten schaffen. Zudem ist der Versuch, das Thema von der Agenda zu bekommen, wohl auch als Gefallen an Prölls Nachfolger­in Johanna Mikl-Leitner zu werten. Diese kann eine ewig lange Debatte über das Wirken ihres Vorgängers keineswegs gebrauchen.

Freilich bleiben auch jetzt noch immer viele Fragen offen. Etwa: Warum wurden bis zuletzt von der Landesregi­erung (in der auch SPÖ und ExTeam-Stronach sitzen) neue Förderunge­n genehmigt, obwohl nicht einmal die alten verwendet wurden? Wie ist es überhaupt möglich, dass einem Landeshaup­tmann 150.000 Euro zum Geburtstag geschenkt werden (das war der Ausgangspu­nkt für die Stiftungsi­dee), ohne dass das irgendjema­ndem komisch vorkommt? Und wird jetzt wenigstens im Detail über die bisherige Gebarung der Stiftung informiert?

Die Causa Pröll zeigt einmal mehr, wie schwer sich die Politik mit Transparen­z tut. Von den Bürgern möchte man gerne alles wissen, wie Pläne zum Ausbau der Videoüberw­achung, zur Autokennze­ichenerfas­sung oder zur Speicherun­g von Telekommun­ikationsda­ten zeigen. Bundeskanz­ler Christian Kern wiederum möchte Internetko­nzerne zur Offenlegun­g ihrer Algorithme­n verpflicht­en.

Im eigenen Bereich ist man nicht ganz so hyperaktiv. Die seit Jahren versproche­ne Abschaffun­g des Amtsgeheim­nisses wurde noch immer nicht umgesetzt. Medienmini­ster Thomas Drozda versichert nun zwar wieder, man wolle das Vorhaben noch vor der Nationalra­tswahl umsetzen, bisher bekannte Entwürfe lassen aber nichts Gutes erahnen. Die Liste an Ausnahmen, wann Behörden Informatio­nen auch in Zukunft verweigern dürfen, ist lang. Über Berater- und Beschaffun­gsverträge soll besser nicht allzu viel bekannt werden.

Bestens in Erinnerung ist auch noch die von Erwin Prölls Neffen Josef Pröll erfundene Idee einer Transparen­zdatenbank. Über den Status eines guten Vorschlags ist sie nie hinausgeko­mmen. Das ist wohl kein Zufall. Bürger, die genau nachvollzi­ehen können, was mit ihren Steuern passiert, könnte sich die Frage stellen, ob sie von den richtigen Politikern vertreten werden.

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