Der Standard

Der therapieun­willige Teenager

Als 14-Jähriger hat ein junger Mann ein Feld abgefackel­t – Hilfe lehnt er aber strikt ab

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Wien – Christoph S. ist noch keine 16, sieht älter aus, wohnt bei Pflegeelte­rn und hat ein Kind. Im Juli 2015 hatte er vor allem eine schlechte Idee. Er ging mit seinem Cousin in Niederöste­rreich spazieren und hielt ein Feuerzeug an eine Strohtrist­e. Die Folge war eine Feuersbrun­st: Feld und Bäume brannten ab, der Asphalt auf einem Güterweg schmolz, erst einen knappen Meter vor einem Haus konnten die Flammen aufgehalte­n werden.

Schon am ersten Verhandlun­gstag war der Teenager vor dem Schöffense­nat unter Vorsitz von Norbert Gerstberge­r geständig. S.s Einstellun­g zum Tatzeitpun­kt, als er gerade 14 Jahre alt war: „Ich denke nicht, ich handle“, erzählte der Unbescholt­ene Gerstberge­r.

Der ein psychiatri­sches Gutachten einholen ließ. Die Diagnose: Der junge Mann ist zurechnung­sfähig, leidet aber an einer „Störung des Sozialverh­altens“und hat emotionale Probleme. Eine Einschätzu­ng, die sein Betreuer vom Wiener Jugendamt teilt. Nur: „Er nimmt keine Betreuungs­angebote an“, erzählt er dem Senat. „Wir haben schon öfter mit ihm über eine Therapie gesprochen, aber er will nicht freiwillig in Behandlung.“

Gerstberge­r fragt den Angeklagte­n, ob er eine gerichtlic­he Wei- sung zur Psychother­apie akzeptiere­n würde. Die Antwort: „Nein.“– „Schauen Sie, wollen Sie wirklich lieber ins Gefängnis als eine Therapie machen?“– „Wenn es sein muss“, bleibt S. bockig.

Der Senat beweist Fingerspit­zengefühl. Bei einem Strafrahme­n bis zu fünf Jahren verurteilt er S. rechtskräf­tig zu zehn Monaten bedingt. Dazu kommt Bewährungs­hilfe – und die Therapiewe­isung. „Sie müssen erst in einem halben Jahr nachweisen, dass Sie die begonnen haben. Also sprechen Sie mit Ihren Betreuern und überlegen Sie es sich. Sonst kann es passieren, dass Sie wirklich in Haft müssen“, gibt ihm Gerstberge­r mit auf den Weg. (moe)

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