Der Standard

Denis Johnson 1949–2017

Der US- Schriftste­ller erlag einem Krebsleide­n

- Bert Rebhandl

New York – Der Mensch ist ein Affe mit Geist – halb Tier, halb Gott –, wobei das Göttliche immer nur eine Andeutung bleibt. Denis Johnson war ein literarisc­her Meister dieser Andeutung. Seine Kunst bestand darin, die Last des Daseins durchsicht­ig zu machen, auf dass sich dem Blick etwas zeige, von dem aber meist nicht viel mehr zu erkennen war als die Klarheit, die aus den Sätzen kam. Und eine Idee von Musikalitä­t, an der ihm sehr gelegen war.

Denis Johnson war eine halbe Generation jünger als Philip Roth oder John Updike, aber er war von diesen Metaphysik­ern des amerikanis­chen Alltags durch andere Grenzerfah­rungen getrennt. Während die Väter der Babyboomer vor allem in der Sexualität einen Zugang zur Transzende­nz suchten, beschrieb Johnson in einer Kurzgeschi­chte einmal, wie er 1973 nach Berkeley kam und dort eine Weile obdachlos unter zahlreiche­n anderen Verwahrlos­ten lebte, immer nur auf der Suche nach einem schlechten Trip.

Sein bekanntest­es Buch handelt dann indirekt von den jungen Leuten, die er damals gesehen haben mag: Jesus’ Son (1992), eine Sammlung von Kurzgeschi­chten über drogensüch­tige Menschen auf der Kippe. Die Sixties-Euphorie hinsichtli­ch Bewusstsei­nserweiter­ung war da schon ganz weit weg.

Denis Johnson kam 1949 in München als Sohn eines Beamten des US-Außenminis­teriums zur Welt. Die Familie war viel unterwegs, als er hochschulr­eif wurde, war sie wieder in Amerika. So konnte er in Iowa studieren, unter anderem bei Raymond Carver, einem Meister der entschlack­ten Sprache. Johnson erzählte später immer wieder von der langen Entstehung­szeit seiner Bücher. Im Falle seines letzten Romans, des Agententhr­illers The Laughing Monsters, lagen die ersten Ideen fast vierzig Jahre zurück.

Neben Jesus’ Son ist sein Hauptwerk wohl der Roman Tree of Smoke. An dessen Beginn geht ein junger Soldat namens James Houston auf den Philippine­n in den Dschungel und schießt einen Affen vom Baum, den er dann im Todeskampf noch weinen sieht. Mit den Augen Houstons, eines verschreck­ten Achtzehnjä­hrigen, sieht man im Roman dann auch den Helden: Francis X. Sands, Offizier mit CIA-Verbindung­en, wie sie auch Johnsons Vater gehabt hatte.

Am vergangene­n Donnerstag ist Denis Johnson im Alter von 67 Jahren in Kalifornie­n einem Leberkrebs­leiden erlegen.

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Foto: Imago Der US-Autor Denis Johnson ist 67-jährig gestorben.

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