Von denen, die auszogen, die Schubladen zu zerschlagen
Das Museum Liaunig widmet seine Jahresausstellung den Künstlern der „Neuen Malerei“der 1980er-Jahre
Neuhaus – Das Museum Liaunig im Südkärntner Neuhaus/Suha nahe Bleiburg widmet sich in seiner Jahresausstellung unter dem Titel Kontinuität und Brüche den Künstlern der österreichischen „Neuen Malerei“in den 1980er-Jahren. Raffinement verrät die Ansetzung einer großen Retrospektive zu Hermann Josef Painitz im dreieckigen Sonderausstellungsraum (bis Ende Juli).
Es ist, wenn man das für die zeitgenössische Kunst in Kärnten so wichtige Museum betritt, fast unumgänglich, sich zunächst dieser Sonderausstellung zu widmen. Painitz, ein jahrzehntelanger Freund des Sammlers Herbert Liaunig, hat sich unter Verzicht auf jede malerische Geste ganz der Theorie des Bildes verschrieben, um es zuletzt auf die Anordnung konzentrischer Kreise zu verdichten. Verlässt man durch einen Gang diese mathematisch anheimelnde Welt, die geistig die Denkschule des Wiener Kreises umrundet, trifft man dann völlig unvermittelt auf Siegfried Anzingers Form- und Farberuptionen aus dem Jahr 1981. Heftiger könnte das Wechselbad nicht ausfallen.
Hier, im Nordtrakt des Hauses, vollzieht man den in den 1970erJahren einsetzenden Versuch der „Neuen Wilden“zu einem ungestümen kunsthistorischen Befreiungsschlag nach, gerichtet gegen die Kopflastigkeit und alle dogmatischen Stilkorsette der Nachkriegskunst.
Wiedererlebbares Aufsehen
Die Palette ist von jedem Gegenstandsbezug befreit, wie bei den „Alten Wilden“von 1905, den Pariser Fauves. Die Emotionalität der Formfindung führt thematisch zu einer Konzentration auf Grundfragen der Existenz, betreffend etwa Angst, Sexualität und Tod. Im prometheischen Trotz, mit dem die menschliche Figur auf das Tafelbild zurückkehrt, grüßt der Expressionismus eines Richard Gerstl. Unübersehbar sind auch die Anleihen bei der Art brut oder der Gruppe CoBrA.
Es sind durchwegs repräsentative Großformate, überwiegend aus den Beständen der Sammlung Liaunig, mit denen Günther Holler-Schuster als Kurator das Aufsehen noch einmal erlebbar macht, das Erwin Bohatsch oder Gunter Damisch, Alois Mosbacher oder Hubert Scheibl, Hubert Schmalix oder Manfred Wakolbinger ihrerzeit ausgelöst haben. Nach wenigen Jahren legte sich der Furor und die, die ausgezogen waren, alle Schubladen zu zerschlagen, konnten sich der kunstgeschichtlichen Einordnung nicht entziehen.
Diese Beruhigung – wenn man so will auch diese Wiederannäherung an die Akademien – schildert der Südtrakt, in dem weitgehend dieselben Protagonisten vertreten sind, nur mit ihren späteren Arbeiten. Das Pathos ist verflogen, die Tendenz zur Abstraktion hat sich verstärkt. Je näher es Richtung Gegenwart geht, desto mehr erweitern und verschieben sich auch die Themen. Es wird technischer, komplizierter, painitzhafter.
Zum Charme dieses Museums gehört es, dass man zwischendurch immer wieder auf Werke stößt, bei denen man vor allem das Sammlerherz schlagen hört, während ihr Zusammenhang mit der Ausstellung recht lose erscheint. Kalkuliert als Anreize zur Abwechslung sind der kleine Skulpturenpark, in dem seit kurzem auch Josef Pillhofer vertreten ist, sowie die Dauerpräsentationen afrikanischer Glasperlenobjekte, dekorierter historischer Gläser und Porträtminiaturen.
Das gewölbte Skulpturendepot beherbergt 2017 die Ausstellung Synkatabasis von Wolfgang Ernst, eine sehr kultisch wirkende Raumkonstruktion. Bis 29. 10.