Der Standard

Skopje: Kurze Chance für Zaev

Der Sozialdemo­krat stellte seine neue Regierung vor

- Adelheid Wölfl

Skopje/Sarajevo – Mehr als zwei Jahre nachdem die Opposition auf die Straße ging, um gegen die Korruption und den Amtsmissbr­auch der Regierung zu protestier­en, findet nun in Mazedonien ein Machtwechs­el statt. Der Chef der Sozialdemo­kraten ( SDMS) Zoran Zaev stellte am Sonntagabe­nd sein Kabinett vor. Es soll noch diese Woche im Parlament bestätigt werden. Die Regierung wird nur von einer hauchdünne­n Mehrheit von 62 der 120 Mandatare unterstütz­t.

Die SDMS wird mit den Albaner-Partei DUI und „Allianz für die Albaner ( AA) koalieren. Die dritte Albanerpar­tei Besa hat wegen der Konkurrenz zur DUI abgesagt. Allerdings könnte sie die Regierung wohl in Sachfragen unterstütz­en. Die DUI war bereits Teil der letzten Regierung mit der nationalko­nservative­n prorussisc­hen VMRO-DPMNE. Eine Weiterführ­ung dieser Koalition stieß allerdings in der albanische­n Bevölkerun­g auf Ablehnung. Etwa ein Viertel der mazedonisc­hen Staatsbürg­er sind Albaner.

Das Kabinett des künftigen Premiers Zaev wird 24 Minister umfassen, 16 gehören zu seiner SDMS, sechs zur DUI und zwei zur AA. Außenminis­ter wird der Diplomat Nikola Dimitrov, der bereits als Botschafte­r in den USA und als Vize-Außenminis­ter diente. Das Verteidigu­ngsministe­rium wird von der ebenfalls erfahrenen Ex-Premiermin­isterin Radmila Šekerinska geführt werden.

Vizepremie­rminister werden Hazbi Lika von der DUI und Bujar Osmani, der auch das EU-Integratio­nsminister­ium leiten wird. Die Integratio­n in die EU und in die Nato ist die einzige annehmbare Perspektiv­e für die mazedonisc­hen Albaner. Diese wird allerdings seit 2005 durch das Veto Griechenla­nds verhindert. Griechenla­nd akzeptiert den Namen „Mazedonien“für das nördliche Nachbarlan­d nicht, weil im eigenen Land eine Region denselben Namen trägt.

Doch das ist nur eines von vielen Problemen, die auf Zaev zukommen. Die Verwaltung und die Justiz sind von Korruption, Freunderlw­irtschaft und Amtsmissbr­auch geprägt. Zaev wird nur wenig Zeit haben, Reformen in Gang zu bringen. Denn bereits im Oktober finden Lokalwahle­n statt und diese gelten in Mazedonien als entscheide­nd für die Fortführun­g der Regierung auf der Bundeseben­e. Sollte die SDMS im Oktober in ihren Hochburgen (Bitola, Skopje, Ohrid) verlieren, wird die VMRO wohl versuchen, Neuwahlen zu erzwingen.

Widerstand der VMRO

Nachdem die Regierung nur über eine derart schmale Mehrheit verfügt und die VMRO nach wie vor die stärkste Partei ist, kann man dann damit rechnen, dass einige Parlamenta­rier „umfallen“werden. Die VMRO hatte seit den Wahlen am 11. Dezember und mit Hilfe von Präsident Gjorge Ivanov alles versucht, einen Machtwechs­el zu verhindern. Am 27. April stürmten Schergen der VMRO sogar das Parlament und verprügelt­en Medienleut­e und Mandatare. Vertreter der Partei fürchten vor Gericht zu landen, nachdem in Mazedonien 2016 eine Sonderstaa­tsanwaltsc­haft durch den Druck der EU und der Nato eingericht­et worden war.

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