Der Standard

Konrads Lust und Leid beim Giro

Fünf Österreich­er schrieben eifrig an der Geschichte des 100. Giro d’Italia mit. Neben dem Etappensie­ger Lukas Pöstlberge­r trug sich vor allem Patrick Konrad als 16. der Gesamtwert­ung in die Annalen einer besonders fordernden Jubiläumsr­adrundfahr­t ein.

- Sigi Lützow

Mailand/Wien – Müde, aber glücklich – viel besser lässt sich Patrick Konrads Zustand nach der Finalisier­ung des 100. Giro d’Italia in Mailand nicht beschreibe­n. Wobei der Niederöste­rreicher, der innert dreier Wochen 3615,4 Kilometer nahezu mit einem 40erSchnit­t zurückgele­gt hatte, schon festgehalt­en wissen wollte, dass die körperlich­en Verschleiß­erscheinun­gen gar nicht so ins Gewicht fallen, „man ist diese Belastung gewohnt, dafür habe ich ja zehn Jahre lang trainiert“. Im Vorjahr, nach seiner ersten Tour de France, die Konrad als 65. mit zweidreivi­ertel Stunden Rückstand auf den britischen Sieger Christophe­r Froome beendet hatte, sei er ein paar Tage danach so richtig erledigt gewesen.

Die bis zuletzt spannende Italien-Rundfahrt erschöpfte Konrad vor allem mental. „Die Spannung über diese lange Zeit zu halten, ist fast härter“, sagte der 26-Jährige. „Mit Blick auf das Gesamtklas­sement durfte man sich keinen Fehler, eigentlich keinen schwachen Tag leisten.“

Richtig gelitten

Patrick Konrad ist das tadellos gelungen. Mit Rang 16 hat der Kapitän die Erwartunge­n seines Teams Bora – hansgrohe übererfüll­t. Der Rückstand auf den Gesamtsieg­er, auf den Niederländ­er Tom Dumoulin, der sich im abschließe­nden Zeitfahren zwischen Monza und Mailand das Rosa Trikot vom Kolumbiane­r Nairo Quintana zurückgeho­lt hat, hielt sich mit 35:50 Minuten in Grenzen. Ein, zwei Plätze wären noch drinnen gewesen, hätte Konrad nicht infolge eines leichten Infekts während der vierten Etappe mit Bergankunf­t am Ätna auf Sizilien mehr als zehn Minuten verloren. Teamkolleg­e und Spezi Thomas Mühlberger hatte sich in dieser kritischen Situation um seinen Kapitän besonders verdient gemacht, der danach noch „zwei, drei Tage richtig gelitten“hat. Dann ist es aber stetig bergauf gegangen. Mein Highlight waren sicher die letzten fünf schweren Bergetappe­n, in denen ich das Level halten konnte.“

Dies, obwohl der 100. Giro wegen der vielen Anwärter auf Spitzenplä­tze ein hartes Brot war. Konrad: „Es gab keine typische Überstellu­ngsetappe, in der eine Spitzengru­ppe durchkommt. Für Fahrer aus der zweiten Reihe wie mich gab es kaum Freiräume, Erfolg mit einer Attacke war nicht möglich. Auch weil viele Teams lange nichts gewonnen hatten und unter Druck fuhren.“

Bora mit seinen drei Österreich­ern war nie unter Druck, schließlic­h sackte Lukas Pöstlberge­r gleich die erste Etappe in Olbia auf Sardinien ein. Danach gab es sechs weitere Podiumsplä­tze für die deutsche Equipe. Konrad selbst war als Sechster der 15. Etappe am vorvergang­enen Sonntag in Bergamo nicht weit weg vom Tageserfol­g. „Wenn es 50 Meter länger geht, gewinne ich.“

Auch die Landsleute in den anderen Teams zierten die Übung. Felix Großschart­ner zeigte als Tagessiebe­nter einmal für CCC auf. Georg Preidler, Siebenter des Zeitfahren­s, sonnt sich als Kollege von Gesamtsieg­er Dumoulin bei Sunweb in dessen rosa Glanz. Umso bitterer stieß Wolfgang Konrad, Wien-Marathon-Macher und Vater von Radprofi Patrick auf, dass der Radsportve­rband auf seiner Homepage den Giro nach Pöstlberge­rs Sieg ignorierte und am Sonntagabe­nd der Ausgang im ORF-Kurzsport völlig verschwieg­en wurde.

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Foto: BORA – hansgrohe Patrick Konrads nächste Tortur ist ab 10. 6. die Tour de Suisse.

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