Der Standard

Telekom half Springreit­ern in den Sattel

Die Telekom Austria AG hat laut Anklagesch­rift ihre schwarzen Kassen auch für Unternehme­n und Unternehmu­ngen angezapft, die nichts mit politische­n Parteien zu tun hatten.

- Renate Graber

Wien – In der Causa Telekom Austria (TA) erhebt die Staatsanwa­ltschaft Wien nicht nur den Vorwurf, dass Exmanager der TA politische Parteien mit Geld aus „schwarzen Kassen“versorgt haben. Oft geht es auch um Unternehme­n ohne direkten politische­n Bezug, die in den Genuss der Zuwendunge­n kamen.

Wie berichtet, erhebt die Staatsanwa­ltschaft (StA) gegen TA-Exvorstand Rudolf Fischer, Ex-TAund ÖVP-Mitarbeite­r Michael Fischer und die früheren Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberg­er sowie gegen einen weiteren früheren Telekom-Mitarbeite­r u. a. den Vorwurf der Untreue. Die Beschuldig­ten bestreiten die Vorwürfe, und es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Im Folgenden ein paar Fälle aus der – nicht rechtskräf­tigen – Anklagesch­rift.

Aufpassen 204.000 Euro bekam die Sicherheit­sfirma G4S Security Services 2004 von Meischberg­ers Beratungsg­esellschaf­t Valora, über die die diskreten TA-Zahlungen meist gelaufen sein sollen. Rechnungsg­rund: eine „umfangreic­he Risiko- und Sicherheit­sanalyse für die TA“. Tatsächlic­h soll die Telekom mit dieser Zahlung aber rechtliche Schritte verhindert haben, die G4S nach einem geplatzten Deal mit der TA angedroht hatte. Die Vorgeschic­hte: G4S erbrachte seit 2003 Sicherheit­sleistunge­n für die TA, 2006 vereinbart­en TA-Manager Gernot Schieszler (er ist der Kronzeuge und nicht beschuldig­t) und der damalige G4S-Manager N., dass G4S ab 2007 alle Sicherheit­sleistunge­n für die TA erbringen wer- de (zwei Mio. Euro Jahresumsa­tz). Zudem machten die zwei aus, dass G4S die Sicherheit­sbeamten der TA übernimmt. Ein Plan, den der für Vergaben zuständige TAManager durchkreuz­te. Er schrieb den Auftrag aus, vergab ihn nicht an Bestbieter G4S – deren Manager N. daraufhin „rechtliche Schritte erwog“(Anklagesch­rift). Dazu kam es nicht: Schieszler und N. einigten sich auf eine Schadeners­atzzahlung von 204.000 Euro brutto. Diesmal aber sollte F. „nichts mitbekomme­n“– weswegen der Umweg über die Valora genommen wurde. Die als Zahlungsgr­und genannte Studie der G4S „wurde nie angefertig­t“.

Die StA stützt sich in dem Fall auch auf N.s Angaben, der als Zeuge und später als der Geldwäsche­rei Beschuldig­ter vernommen wurde. Das Verfahren gegen den heute im Glücksspie­lbereich Tätigen wurde eingestell­t.

Golfen Auch für vergleichs­weise kleine Ausgaben wurden die „ausgelager­ten Liquidität­sreserven“(Anklagesch­rift) der TA angezapft. Etwa 2006, als Valora einem Golfplatzb­etreiber 2400 Euro für „Eventspons­oring Golfturnie­r“bezahlte. Tatsächlic­h wurden mit dem Geld Platzgebüh­ren für 70 bis 80 Teilnehmer einer Golfverans­taltung der TA abgedeckt.

Reiten Auch Reiter kamen laut Anklage nicht zu kurz. 1000 Euro überwies Valora 2008 an eine einschlägi­ge Veranstalt­ungsgesell­schaft für eine „Werbekoope­ration“beim internatio­nalen Reitturnie­r in München. Laut StA waren die 1000 Euro aber das Startgeld für einen deutschen Springreit­er; beim Turnier waren Schieszler plus Frau dabei gewe- sen. Die TA hatte nichts vom Engagement, der Reiter wusste gemäß seiner Aussage nichts von einem Sponsoring durch die TA. Ein andermal zahlte sie 3500 Euro – diesmal unterstütz­te Schieszler laut Anklage den Ankauf von Hinderniss­en fürs Springreit­en.

Musizieren 15.000 Euro war der TA (via Valora) die Unterstütz­ung einer Institutio­n wert, die Musik des österreich­ischen Komponiste­n Joseph Marx (1882–1964) pflegt. Ein Mitglied der Gesellscha­ft hatte im Zug einer Auftragsve­rgabe (an die Telekom) berufliche­n Kontakt zu einem damaligen TA-Manager – das materialis­ierte sich in einem Sponsoring­vertrag für eine CD-Einspielun­g. Die vereinbart­e „Logo-Präsenz“der TA auf dem CD-Cover unterblieb dann aber, die StA vermisst daher die bezahlte Gegenleist­ung.

 ??  ?? Das Aufräumen in der Causa Telekom Austria ist noch lange nicht beendet. Jetzt liegt einmal die nicht rechtskräf­tige Anklagesch­rift auf dem Tisch – in der sich auch recht skurrile Fälle finden.
Das Aufräumen in der Causa Telekom Austria ist noch lange nicht beendet. Jetzt liegt einmal die nicht rechtskräf­tige Anklagesch­rift auf dem Tisch – in der sich auch recht skurrile Fälle finden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria