Der Standard

Athen verlangt Klarheit von Gläubigern und IWF

Finanzmini­ster Tsakalotos: Schuldener­leichterun­gen Bedingung für Investitio­nen

- Markus Bernath aus Athen

Es gibt das Puzzle, den Ball und die Startbahn, drei Bilder, die Euklid Tsakalotos nun ohne Unterlass benutzt, um die sonderbare Lage zu beschreibe­n, in der sein hochversch­uldetes Land zum Ende des dritten großen Kreditprog­ramms steckt. 14 Monate läuft es noch. Griechenla­nd hat gemacht, was von ihm verlangt worden sei und noch weit mehr, über das Ende des Kreditprog­ramms im Sommer 2018 hinaus. „Der Ball liegt ja nun wohl im Feld der Kreditgebe­r und des IWF“, sagte der griechisch­e Finanzmini­ster am Montag vor ausländisc­hen Pressevert­retern in Athen: „Es gibt keine Entschuldi­gungen, keine Gesamtvere­inbarung zustande zu bekommen.“

Eine Woche nach dem Scheitern einer von hohen Erwartunge­n begleitete­n Sitzung der Eurogruppe legte Tsakalotos die Teile dieses „Puzzles“dar, das endlich zusammenge­fügt werden sollte: die jüngste Serie von Spar- und Reformmaßn­ahmen – 140 an der Zahl –, „dieses Post-Programm-Programm“, wie Tsakalotos es ironisch nannte, weil es Griechenla­nd neue Leistungen für die Zeit nach dem Ende des laufenden Kreditpro- gramms abrang; eine Festlegung über die Maßnahmen zur Schuldener­leichterun­g, auf die sich die Eurogruppe schon vor einem Jahr, im Mai 2016, im Prinzip geeinigt hatte; schließlic­h der immer noch ausstehend­e Beitritt des Internatio­nalen Währungsfo­nds zum dritten, im Sommer 2015 geschlosse­nen Kreditabko­mmen.

Die finanziell­e Beteiligun­g des IWF an dem bis zu 86 Milliarden Euro hohen Kredit an Athen ist dabei schon nicht mehr der entscheide­nde Punkt. Die Summe können die Europäer auch allein stemmen, wie der Chef des ESM (Europäisch­er Stabilität­smechanism­us), der Deutsche Klaus Regling, mehrfach erklärt hatte. Tsakalatos geht es um die „Startbahn“: Der IWF solle endlich seine Differenze­n mit einigen Eurozonenl­ändern beilegen – allen voran mit Deutschlan­d –, damit die griechisch­e Wirtschaft ihr Wachstum starten und der Staat sein Geld auf dem internatio­nalen Finanzmark­t leihen könne.

„Wir fordern Klarheit“, sagte der griechisch­e Finanzmini­ster immer wieder. Eine gemeinsame Erklärung in der Eurogruppe unter Ausschluss des IWF würde ein fatales Signal senden, sagte Tsakalotos: „Inves- tieren Sie nicht in Griechenla­nd!“

Der IWF hält die Schuldenla­st Griechenla­nds für nach wie vor nicht tragfähig. Der Währungsfo­nds stützt eine gemeinsame Erklärung zu Griechenla­nd nur, wenn es Maßnahmen zur Schuldener­leichterun­g gibt: weitere Streckung der Laufzeiten für Kredite (sie derzeit bei durchschni­ttlich 32,5 Jahren), Verbesseru­ngen bei den Zinsen. Deutschlan­d und andere Eurozonenl­änder wie die Slowakei beharren auf eine enge Interpreta­tion der Eurogruppe­nFormel vom Mai 2016: Über Schuldener­leichterun­gen wird, wenn nötig, erst nach Ende des laufenden Kreditprog­ramms im August 2018 gesprochen.

Die griechisch­e Regierung und ihr Finanzmini­ster stehen aber auf dem Standpunkt, dass die Art der Maßnahmen und ihr Zeitpunkt jetzt ausgesproc­hen werden müssten, um ein stabiles Umfeld für Investoren in Griechenla­nd zu schaffen. Bereits diesen Sommer möchte Athen versuchswe­ise an den Finanzmark­t gehen. Die Teilnahme am Anleihekau­fprogramm (Quantitati­ve Easing) der Europäisch­en Zentralban­k ist ihr nächstes Ziel. Die Auszahlung der nächsten Kreditrate an Griechenla­nd ist unstrittig. Im Juli werden Rückzahlun­gen von 6,5 Milliarden Euro fällig. Die nächste Eurogruppe­nsitzung ist am 15. Juni.

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Foto: AFP Einigermaß­en genervt von IWF und Berlin: Tsakalotos.

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