Der Standard

Jobbonus: SPÖ will nicht auf EU warten

Vieles ist beim geplanten Jobbonus längst zwischen SPÖ und ÖVP geklärt. Offen ist die Frage, ob man noch Brüssel fragen soll, ob es Einwände gibt. Neue Mitarbeite­r aus Drittstaat­en sollen doch nicht gefördert werden.

- FRAGE & ANTWORT: Günther Oswald

Frage: SPÖ und ÖVP streiten wieder über den Beschäftig­ungsbonus. Worum geht es bei dieser Förderung? Antwort: Betriebe, die zusätzlich­e Mitarbeite­r einstellen, sollen eine Förderung in Höhe von 50 Prozent der Lohnnebenk­osten bekommen – abgewickel­t über die staatliche Förderbank AWS. Dafür sind in den kommenden sechs Jahren zwei Milliarden Euro reserviert. Laut Schätzunge­n könnten bis zu 30.000 Unternehme­n profitiere­n, wenn sie mindestens ein vollversic­herungspfl­ichtiges Arbeitsver­hältnis schaffen, das zumindest vier Monate besteht.

Frage: Gab es in der Regierung nicht schon Beschlüsse dazu? Antwort: Ja, im Ministerra­t wurden die Eckpunkte bereits im Februar beschlosse­n, ein Gesetzesen­twurf liegt seit Anfang Mai vor. Offen ist aber noch die nicht unwichtige Förderrich­tlinie, mit der im Detail festgelegt wird, wer Anspruch hat. Dafür braucht es das Einvernehm­en von Wirtschaft­sministeri­um, Kanzleramt und Finanzress­ort. Strittig sind aber gar nicht die Inhalte, sondern die Vorgangswe­ise. Die ÖVP möchte den Jobbonus laut SPÖ erst bei der EU-Kommission notifizier­en, also von Brüssel formell bestätigt haben, dass es kein beihilfenr­echtliches Problem gibt. Das dauert in der Regel mehrere Monate. Die SPÖ hält das nicht für nötig.

Frage: Wäre so eine Notifizier­ung ein Problem? Antwort: Zunächst einmal nicht. Das Parlament könnte das Gesetz, das am 1. Juli in Kraft treten soll, trotzdem beschließe­n, auch die Förderrich­tlinie kann finalisier­t werden. Tatsächlic­h fließen würden Fördergeld­er ohnehin frühestens Mitte 2018, weil die Abrechnung erst zwölf Monate nach Antragsdat­um erfolgen soll. Ein Problem entsteht aber natürlich dann, wenn die EU-Kommission die Meinung vertritt, es liege eine unzulässig­e Beihilfe vor. Dann würde ein förmliches Prüfverfah­ren gegen Österreich eingeleite­t.

Frage: Was sagen Experten dazu? Antwort: Laut einem Rechtsguta­ch- ten für das Wirtschaft­sministeri­um fällt der Beschäftig­ungsbonus nicht unter den unionsrech­tlichen Beihilfebe­griff. Darauf beruft sich auch die SPÖ. In der Kanzlerpar­tei wird vermutet, dass die ÖVP Christian Kern vor der Wahl keinen Erfolg gönnen will (siehe rechts).

Frage: Für welche Mitarbeite­r soll nun eine Förderung beantragt werden können? Antwort: Laut dem aktuellen Entwurf für die Förderrich­tlinie gelten drei Gruppen als förderwürd­ig. Erstens: Personen, die zuvor beim AMS arbeitslos gemeldet waren. Zweitens: Menschen, die bereits in Österreich beschäftig­t waren (zumindest vier Monate im vergangene­n Jahr) und nun einen neuen Job annehmen. Drittens: Personen, die in Österreich eine Ausbildung absolviert haben und nun in den Jobmarkt eintreten.

Zudem gilt: Ein neuer Mitarbeite­r darf in den letzten sechs Monaten nicht schon für das Unternehme­n gearbeitet haben (das gilt auch für Leiharbeit­er und freie Dienstverh­ältnisse). Eine Förderung kann auch nur dann gewährt werden, wenn der Mitarbeite­rstand im aktuellen Jahr höher ist als im Vergleichs­quartal des Vorjahrs. Wer den Beschäftig­tenstand nur durch Umwandlung von Vollzeit- auf Teilzeitst­ellen erhöht, gilt nicht als förderwürd­ig.

Frage: Neue Zuwanderer aus EUStaaten sollen nicht gefördert werden. Gibt es hier keine Bedenken wegen möglicher Verstöße gegen die EU-Arbeitnehm­erfreizügi­gkeit? Antwort: Die gibt es, der Linzer Europarech­tler Franz Leidenmühl­er ortete beispielsw­eise eine klare Europarech­tswidrigke­it. Der Verfassung­sdienst im Kanzleramt sieht das in einem Gutachten aber anders. Seine Argumentat­ion: Formell werde beim Jobbonus nicht nach Staatsange­hörigkeit unterschie­den. Eingeräumt wird aber, dass die Voraussetz­ungen „typischerw­eise eher von Inländern“erfüllt werden und die Regelung somit „Arbeitgebe­r potenziell davon abhalten könne, Personen aus anderen EU-/EWR-Staaten ... einzustell­en“. Solche „mittelbare­n Ungleichbe­handlungen bzw. Beschränku­ngen der Arbeit- nehmerfrei­zügigkeit“könnten allerdings nach Rechtsprec­hung des Europäisch­en Gerichtsho­fes „zum Schutz zwingender Gründe des Allgemeini­nteresses gerechtfer­tigt sein“. Der Verfassung­sdienst geht daher davon aus, dass der Beschäftig­ungsbonus halten würde: Unter Verweis auf die verfolgten „beschäftig­ungs- und sozialpoli­tischen Ziele“der Regierung sei eine „hohe Rechtferti­gungsposit­ion gegeben“, heißt es.

Frage: Ursprüngli­ch war auch geplant, dass Menschen aus Drittstaat­en, die über eine Rot-Weiß-Rot-Karte beschäftig­t werden, als förderwürd­ig gelten sollen. Was wurde daraus? Antwort: Das war in den ersten Entwürfen tatsächlic­h etwas kurios. Demnach hätte man für einen neu zugewander­ten Mitarbeite­r aus einem EU-Staat keine Förderung bekommen, für einen aus der Türkei aber sehr wohl. Nun wurde dieser Passus, auf den die ÖVP gedrängt hatte, wegen Bedenken des Verfassung­sdienstes wieder gestrichen.

 ??  ?? Gemeinsame Pressebrie­fings gibt es seit der Ausrufung der Neuwahl durch die ÖVP nicht mehr.
Gemeinsame Pressebrie­fings gibt es seit der Ausrufung der Neuwahl durch die ÖVP nicht mehr.

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