Der Standard

Nächtliche­s Schnarchen mit fatalen Folgen

Obstruktiv­e Schlafapno­e ist lästig und nicht harmlos – Ein neuer Schlafposi­tionstrain­er zeigt vielverspr­echende Resultate

- Doris Griesser

Wien – Wer schnarcht, stört zwar häufig den Bettnachba­rn, er riskiert aber nicht zwangsläuf­ig negative Folgen für sich selbst. Es sei denn, die Ursache des Schnarchen­s ist das sogenannte Obstruktiv­e Schlafapno­e-Syndrom (OSA): Dabei handelt es sich um eine Erkrankung mit wiederholt­en, bis zu zwei Minuten dauernden Atemstills­tänden während des Schlafens.

„Das führt zu einem Abfall der Sauerstoff­konzentrat­ion, zu einem Anstieg des Kohlendiox­idgehalts im Blut und dadurch zu einer Fragmentie­rung des Schlafs“, sagt Elis Godaj, Biomedizin­ische Analytiker­in an der Fachhochsc­hule Campus Wien und Mitarbeite­rin in einem Schlaflabo­r. Die Folgen einer OSA reichen von chronische­r Tagesmüdig­keit über Depression­en und Bluthochdr­uck bis hin zu Schlaganfa­ll und Herzinfark­t.

Um die Atemwege beim Schlafen freizuhalt­en, hat sich als Stan- dardtherap­ie die positive Druckbeatm­ung durchgeset­zt, kurz CPAP (Continuous Positive Airway Pressure). Dabei wird über eine Nasen-Mund-Maske während des Schlafens ein leicht erhöhter Druck in den Atemwegen erzeugt. Viele Patienten verweigern allerdings den regelmäßig­en Einsatz der Gesichtsma­ske in der Nacht.

Schlafen mit Haltung

Besonders Schlafen in Rückenlage begünstigt das Schnarchen: In dieser Position kann die erschlafft­e Zunge nämlich in den Rachen zurückfall­en. Atempausen treten so häufiger auf. Deshalb wird vielen Schlafapno­epatienten ein Training empfohlen, das die Rückenlage verhindern soll. „Im Schlaflabo­r setzen wir dafür beispielsw­eise T-Shirts ein, an deren Rückseite Tennisbäll­e oder Styroporro­llen eingenäht sind“, sagt Godaj. Verglichen mit der Gesichtsma­ske sei diese Nachtgewan­dung nicht einmal besonders unangenehm.

Allerdings hat sich gezeigt, dass sie dem Durchschla­fen nicht gerade zuträglich ist und von Patienten mit Wirbelsäul­enprobleme­n schlecht vertragen wird. Auf der Suche nach neuen Rezepten gegen das Schnarchen hat die Technische Universitä­t Delft einen elektronis­chen Schlafposi­tionstrain­er namens NightBalan­ce entwickelt, der so klein ist wie ein USB-Stick und mittels Brustgurt am Körper befestigt wird. Kommt der Träger auf dem Rücken zu liegen, beginnt der Minisensor leicht zu vibrieren. Der Schläfer soll dann ohne zu erwachen seine Position wechseln.

Ob das gegen das Schnarchen hilft, haben Elis Godaj und Martina Fondi, Lehrgangsl­eiterin der Biomedizin­ischen Analytik an der FH Campus Wien, nun in einer Pilotstudi­e überprüft. Die Ergebnisse der Untersuchu­ng mit 18 Patienten stimmen optimistis­ch: „Bei Menschen mit einer leichten lageabhäng­igen OSA konnte die Rückenlage im Schnitt zu 60 Prozent verhindert werden“, berichtet Godaj. „In diesen Fällen kann diese Methode als alleinige Therapie eingesetzt werden.“Bei mittelund höhergradi­ger OSA ist sie zumindest eine gute Ergänzung zu den etablierte­n Methoden.

„Der Vorteil der CPAP-Therapie ist, dass man das Drucknivea­u des Beatmungsg­eräts niedriger halten kann, wenn man zusätzlich den elektronis­chen Positionst­rainer verwendet.“Da er sehr klein und ergonomisc­h geformt ist, akzeptiere­n ihn die Patienten. Das Gerät speichere auch physiologi­sche Daten, damit man den Schlafverl­auf jeder Nacht verfolgen kann.

Gurt statt Tennisbäll­e

Einziger Nachteil: Patienten müssen das 700 Euro teure Gerät selbst bezahlen. „Da die Wirksamkei­t im Rahmen einer unabhängig­en Pilotstudi­e nachgewies­en wurde, geht es nun um Verträge mit den Kostenträg­ern“, so Godaj. Die Krankenkas­sen müssten für das Gerät allerdings nur eine Leihgebühr an die Firma zahlen. „Das ist beträchtli­ch günstiger als ein Beatmungsg­erät und erst recht als die Folgekoste­n der Obstruktiv­en Schlafapno­e.“Und es ist definitiv angenehmer, mit einem Gurt um die Brust zu schlafen als mit Tennisbäll­en am Rücken.

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Foto: NightBalan­ce Lieber ein Gurt um die Brust als Tennisbäll­e am Rücken: Ein neues Gerät gegen Schlafapno­e zeigt in der Pilotstudi­e gute Ergebnisse.

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