Brexit-Verhandlungen verzögern EU-Budgetplanung
Kommissar Oettinger: Langfristig viele Fragen offen, 2018 Schwergewicht auf Beschäftigung und Migration
Brüssel – Die Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens bringen die Zeitpläne für die langfristige Budgeterstellung in der Union nachhaltig durcheinander. Das hat der zuständige Kommissar Günther Oettinger am Dienstag in Brüssel bestätigt.
Solange nicht zumindest in den Grundzügen klar ist, wie die Konditionen des Brexits aussehen werden bzw. welche finanziellen Verpflichtungen für beide Seiten daraus entstünden, könne man die Kosten für die Folgejahre nicht realistisch abschätzen, erklärte der Deutsche. Er werde daher dem Ministerrat und dem EU-Parlament vorschlagen, die finanzielle Vorausschau der EU für die nächs- te Fünfjahresperiode ab 2020 nicht schon Ende 2017, sondern erst Mitte 2018 vorzulegen. Eine spätere Vorlage bringe „mehr Haushaltsklarheit und Wahrheit“, sagte Oettinger.
Wie berichtet, sollen die BrexitVerhandlungen von EU-Chefverhandler Michel Barnier am 19. Juni starten, wie auch die britische Premierministerin Theresa May bestätigt hat. Zuvor wird es allerdings noch Parlamentswahlen in Großbritannien geben. Ein Machtwechsel in London würde zu einem neuen Szenario führen.
Aussagen von May bei einer TVKonfrontation Montagabend sorgen für weitere Unsicherheit: Sollte ein geordneter Brexit mit ge- meinsamen Lösungen nicht möglich sein, wäre ein „harter Schnitt“besser, meinte May.
Aus Sicht des Haushaltskommissars wäre das aber die ungünstigste Variante. Denn laut Oettinger sollten in die Budgetplanungen auch schon die möglichen Konsequenzen einer tieferen EUReform nach dem Weißbuch der Kommission eingearbeitet werden: „Ende 2017 wissen wir noch gar nichts, weder vom Brexit noch von den Konsequenzen für die EU-27.“
Ganz anders liegen die Dinge beim Haushaltsansatz für das Jahr 2018, den Oettinger vorlegte. Dieser liegt mit Zahlungsverpflichtungen von 157,0 Milliarden Euro vor, nur wenig mehr als 2017. Al- lerdings sollen die Zahlungsermächtigungen, also Geld, das tatsächlich 2018 ausgegeben wird (und nicht nur für spätere Jahre geplant), um acht Prozent auf 145 Milliarden Euro steigen.
Die Ausgaben sollen ganz besonders zugunsten von Projekten zur Schaffung von Beschäftigung und Wachstum gesteigert werden, ebenso bei Maßnahmen in Zusammenhang mit Migration und zur Sicherung der EU-Außengrenzen.
Einen weiteren Schwerpunkt will Oettinger bei der Jugendbeschäftigung setzen. Der Budgetentwurf muss nun mit Parlament und Rat verhandelt werden und wird traditionell leicht gekürzt im November angenommen. (tom)