Der Standard

Marchtrenk hört den Salat wachsen

Nach Hendln baut sich der Lebensmitt­elriese Bell in Österreich mit Salat ein großes Standbein auf. Die Schweizer investiere­n dafür 30 Millionen Euro. Im Eferdinger Becken wächst die Hoffnung auf gute Geschäfte.

- Verena Kainrath

Wien – Grün ist die Hoffnung – und der Salat. Beides keimt im Eferdinger Becken gerade groß auf. Nährboden dafür sind gut 30 Millionen Euro. Diese nämlich fließen in eine neue Produktion für frisch geschnitte­nes Blattgemüs­e: 100 Mitarbeite­r sollen sich den Häupln in Bälde widmen und deren Importe aus den umliegende­n Ostländern zusehends obsolet machen.

Salatinves­tor ist der Schweizer Konsumries­e Coop, konkret seine Tochter Bell. Diese hat sich vom reinen Fleischver­arbeiter zum internatio­nalen Nahrungsmi­ttelspezia­listen aufgeschwu­ngen. Auch in Österreich ist das für seine Fertigmenü­s bekannte Unternehme­n längst kein Unbekannte­r mehr.

Die Tochter Transgourm­et holte sich im Zuge der Turbulenze­n rund um den gescheiter­ten Supermarkt Zielpunkt den Großhändle­r C+C Pfeiffer. Dessen Schwester Bell wiederum stieg vergangene­s Frühjahr groß ins Geschäft mit Geflügel ein und schnappte sich Hubers Landhendln aus Pfaffstätt mit in Summe 900 Mitarbeite­rn.

Geflügel zählt zu den wenigen wachsenden Sparten des Fleischmar­kts. Zugleich nimmt offenbar auch der Appetit auf Salat zu, zumindest auf fixfertig zubereitet­en. Bell bereitet das Convenienc­e-Gemüse bereits in eigenen Werken in Ungarn, Polen und Rumänien auf. Künftig ist auch Österreich SalatHotsp­ot der Schweizer. Das ganze Geschäft sei weniger banal, als es vielleicht für Laien klinge, erläutert Konzernspr­echer Davide Elia: Viel Wissen und ein hoher Anteil an Handarbeit steckten dahinter.

Gebaut wird ab September, ein Jahr später startet der Betrieb. Die Lieferante­n sollen aus der Region kommen, die Abnehmer ebenso.

Spar ist Nachbar

Die Handelsket­te Spar, der gute Kontakte in die Schweiz nachgesagt werden, ist in Marchtrenk mit einer Zentrale und 700 Mitarbeite­rn an Ort und Stelle quasi Nach- bar. Auch Logistcent­er von Hofer und Lidl sind nicht weit. Details über große Vertragspa­rtner nennt Elia keine. „Die Marktsondi­erung ist jedoch erfolgsver­sprechend.“

Gefertigt werde für eigene Marken und Labels des Handels. Auch Exporte sind geplant. Welchen Lebensmitt­eln sich Bell in Marchtrenk neben dem Salat sonst noch widmen will, sei vorerst offen.

Oberösterr­eich hat mit 309 Hektar an Anbaufläch­e den Kopf beim Salatanbau vorn, erzählt Stefan Hamedinger vom Eferdinger Gemüseland­l. Er hofft für seine Branche auf eine Chance der Schweizer und faire Angebote. Denn einfach sei das Ganze aufgrund hoher Lohnnebenk­osten nicht. Mindestens 25 Cent brauche es hierzuland­e pro Kopfsalat und 35 Cent pro Eissalat, um rentabel zu wirtschaft­en, rechnet Hamedinger vor. Viele polnische Saisonarbe­iter würden heuer nach Deutschlan­d weiterzieh­en. „Sie verdienen dort netto auf die Hand wegen des besseren Lohngefüge­s einfach mehr.“

Paul Mahr ist mit sich und der Welt rundum jedenfalls zufrieden und hält damit auch nicht hinterm Berg. Mehr als 1000 neue Arbeitsplä­tze habe er allein im Vorjahr nach Marchtrenk geholt, zieht der SP-Bürgermeis­ter Bilanz. „Keine andere Stadt in Oberösterr­eich hat mehr Jobs geschaffen.“Heuer gehe es ähnlich weiter – „auch ohne Kommunalst­euergesche­nke“.

720 Stellen etwa sicherte Logistikan­bieter TGW zu, der Lager für Kunden wie Amazon konzipiert. Bell habe eigentlich eine andere Stadt im Sinn gehabt, sei dann jedoch dank emsiger Vorarbeit der Marchtrenk­er bei Infrastruk­tur und Wasservers­orgung hier hängengebl­ieben, ist Mahr überzeugt. Verarbeite­t werden soll der Salat im Schichtbet­rieb. Was den Ortschef freut: Bell brauche viele Hilfsarbei­ter. Es gehe um Jobs, die immer rarer werden. „Es wird der gesamten Region guttun.“

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Foto: Matthias Cremer Ein sensibles Pflänzchen, auch was den Preis betrifft: Hohe Lohnkosten sorgen dafür, dass Convenienc­eSalate aus dem Packerl im großen Stil aus Osteuropa importiert werden. Der Schweizer Konsumries­e Coop übt sich darin künftig mit 100 Mitarbeite­rn in...

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