Der Standard

Gefahr einer Scheinlösu­ng

- Irene Brickner

Man kann den Konflikt zwischen Justizmini­ster Vizekanzle­r Wolfgang Brandstett­er und Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling um die Zusatzausg­aben für den neuen Erwachsene­nschutz hämisch kommentier­en: Da streiten zwei Politiker aus der gleichen Partei, die wie jede Partei gerade jetzt, im Vorwahlkam­pf, besonders auf Geschlosse­nheit Wert legt: ach wie lustig, ach wie bemerkensw­ert!

Doch damit wird man der Frage, um die es bei diesem Zwist geht, keineswegs gerecht. Nämlich jener, ob man in Österreich wirklich riskieren will, eine überfällig­e sozialrech­tliche Verbesseru­ng für unterstütz­ungsbedürf­tige Menschen, in die eine Menge Vorbereitu­ngsarbeit gesteckt wurde, zu einer Scheinrefo­rm der Sachwalter­schaft verkommen zu lassen, indem man ihr ausreichen­de Finanzmitt­el verweigert. Aufgrund des Spargedank­ens, also mit dem Argument, die Justiz samt vorgelager­ten Vereinen mit neuen Clearingau­fgaben müsste eine solche Reform budgetneut­ral schaffen.

Das jedoch wird nicht funktionie­ren, denn der neue Erwachsene­nschutz zielt auf mehr Fallexplor­ation ab, bevor ein Mensch Teile seiner Entscheidu­ngsfreihei­t an einen Vertreter delegiert. Das ist beratungsi­ntensiv, verlangt nach Personal und kostet Geld. Wie viel, ist vielleicht diskutiere­nswert – aber dies unter Druck nach dem Gesetzesbe­schluss zu tun ist kontraprod­uktiv und gefährlich.

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