Der Standard

„Zeit ist reif “: SPÖ will Ehe für Homosexuel­le öffnen

Ministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) will den Regierungs­partner überzeugen, die Ehe für homosexuel­le Paare zu erlauben. Dabei findet der schwarze Parteichef Sebastian Kurz die Rechtslage ausreichen­d, obwohl es immer noch Unterschie­de gibt.

- Marie-Theres Egyed Oona Kroisleitn­er Alexandra Unsinn

Wien – Der Zeitpunkt dürfte kein Zufall sein: Am Samstag findet in Wien der Life Ball statt, bei dem sich die Hauptstadt von ihrer toleranten Seite zeigen will. Dort haben alle Ballgäste die Möglichkei­t, symbolisch zu heiraten. Laut Gesetz ist das in Österreich aber nicht allen Menschen erlaubt. Homosexuel­le Paare dürfen eine eingetrage­ne Partnersch­aft eingehen, nicht aber eine Ehe.

Das will Gesundheit­s- und Gleichstel­lungsminis­terin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) nun ändern und hat am Donnerstag den Gesetzesvo­rschlag „Ehe gleich“an die schwarzen Regierungs­partner, Vizekanzle­r Wolfgang Brandstett­er und ÖVP-Chef Sebastian Kurz, übermittel­t – obwohl Kurz erst am Vortag im ORF-Interview erklärt hatte, dass er die geltenden Regelungen für „solide“halte.

Rendi-Wagner sieht das anders. Die Gesellscha­ft sei viel weiter als die Politik: „Die Zeit ist reif.“Dieses Gesetz sei auch ein Maßstab dafür, wie die Gesellscha­ft mit Minderheit­en umgehe.

Geändert werden müsste für ein Ehe-gleich-Gesetz das Allgemeine Bürgerlich­e Gesetz, das für die eingetrage­ne Partnersch­aft würde dadurch entfallen.

Allerdings haben die Roten erst Mitte Mai einen Fristsetzu­ngsantrag von Grünen und Neos nicht mitgetrage­n. Rendi-Wagner begründet das damit, dass es ohne ÖVP sowieso keine Mehrheit gegeben hätte. Nun hofft sie, diese mit dem Noch-Koalitions­partner zu finden – trotz ablehnende­r Haltung von Parteichef Kurz. Denn die Zustimmung von Grün und Pink reicht für eine Mehrheit im Parlament nicht aus. Die FPÖ war bisher gegen eine Öffnung.

Ungleichhe­iten beseitigen

Seit 2010 gibt es die Möglichkei­t der eingetrage­nen Partnersch­aft, doch es gelten eben nicht dieselben Rechte und Pflichten wie bei einer Zivilehe. Manche Unterschie­de sind skurril – wie eine Bezügebegr­enzung bei der Politikerw­itwenpensi­on oder das Mindestalt­er von 18 Jahren bei der Verpartner­ung. Heterosexu­elle können bereits mit 16 Jahren heiraten.

Doch die Ungleichbe­handlung kann für die betroffene­n Paare auch problemati­sch sein. Es gibt etwa keine Pflicht, dem Partner in der Ausübung der Obsorge für dessen Kinder beizustehe­n. Auch Stiefkinde­r erhalten nach dem Tod eines eingetrage­nen Partners keine Waisenpens­ion.

Erfolge konnte die Community in den vergangene­n Jahren im Familienre­cht verbuchen. Stiefkinda­doption ist gleichgesc­hlechtlich­en Paaren seit 2013 erlaubt, im Jänner 2016 wurde ihnen das Recht auf Adoption zuerkannt – allerdings geschah das auf Anordnung der Höchstrich­ter, die das Adoptionsv­erbot für Homosexuel­le als verfassung­swidrig einstuften. Im Zuge der Gesetzesre­paratur wurde lesbischen Frauen in Lebensgeme­inschaften die Erfüllung eines Kinderwuns­ches mittels Samenspend­e erlaubt.

Im europäisch­en Vergleich hinkt Österreich mit seiner Gesetzesla­ge noch hinterher. Die Niederland­e waren mit der Einführung der Homo-Ehe im Jahr 2001 das erste Land, das diesen Schritt wagte. Bis dato ist in 22 Staaten weltweit die Eheschließ­ung für Homosexuel­le erlaubt. Dabei hätte auch in Österreich die Ehe für alle laut einer Eurobarome­ter-Umfrage aus dem Jahr 2015 breite Zustimmung. Es gibt doppelt so viele Befürworte­r wie Gegner.

Neun Tage Regenbogen

Aufmerksam­keit für die Rechte Homosexuel­ler und Transgende­rpersonen soll auch die Vienna Pride Week bringen, die heute, Freitag, startet. Erstmals findet das Festival neuntägig rund um die Regenbogen­parade in Wien statt, die am 17. Juni zum 22. Mal „andersrum“um die Ringstraße zieht. Die Vienna Pride Week soll sich „über die ganze Stadt ausdehnen“, wie Organisato­r und Obmann der Homosexuel­len Initiative (Hosi) Christian Högl berichtet. Bei der Parade erwartet er über 150.000 Teilnehmer.

Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou (Grüne) appelliert­e, die Ehe für homosexuel­le Paare „endlich“zu öffnen: „Sie soll so selbstvers­tändlich sein wie bei Heterosexu­ellen.“Der in Wien für Antidiskri­minierungs­arbeit zuständige Stadtrat Jürgen Czernohors­zky (SPÖ) zeigte sich „schockiert“darüber, dass „Außenminis­ter Kurz sich gegen die Öffnung der Ehe ausspricht“und forderte von der ÖVP, „in dieser Frage neu zu sein“.

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Vor dem Recht sind nicht alle gleich: Darauf wollen Aktivisten der Vienna Pride Week aufmerksam machen. Ministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) will die Ehe für Homosexuel­le öffnen.

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