Der Standard

Vorerst keine Einigung mit Grünen auf Schulrefor­m

Es spießt sich an der Abstimmung: Die Grünen wollen dem Entwurf wegen der hohen Hürde für die Ermöglichu­ng der Gesamtschu­lmodellreg­ion nicht zustimmen. Am Mittwoch soll weiterverh­andelt werden.

- Jutta Berger, Sebastian Fellner, Gudrun Ostermann

Wien – Mit zwei Kompromiss­vorschläge­n zur Bildung von Modellregi­onen für eine gemeinsame Schule sind die Grünen in die Verhandlun­gsrunde zur Bildungsre­form gegangen. „Die Reform ist nicht tot, aber wir müssen weiterverh­andeln“, sagte GrünenKlub­obmann Albert Steinhause­r davor in einer Pressekonf­erenz am Dienstag. „Für einen Etikettens­chwindel sind wir nicht zu haben“, ergänzt er. Konkret geht es um die Bedingunge­n für die gemeinsame Schule.

Zu einem Kompromiss ist es nicht gekommen. Die Juristen sollen nun bis Mittwochfr­üh eine Formulieru­ng erarbeiten, die auch die Grünen zufriedens­tellen soll, heißt es aus dem Wissenscha­ftsministe­rium. Dann könne weiterverh­andelt werden. „Zeit ist noch lange. Wir reden weiter“, sagt der grüne Bildungssp­recher Harald Walser.

Zu viele Hürden

Der vorliegend­e Gesetzesen­twurf sieht vor, dass „eine Schule nur dann in eine Modellregi­on einbezogen werden darf, wenn die Erziehungs­berechtigt­en von mehr als der Hälfte der Schülerinn­en und Schüler und mehr als die Hälfte der Lehrerinne­n und Lehrer der betreffend­en Schule der Einbeziehu­ng zustimmen“. Bei der Abstimmung würde das bedeuten, dass jede nicht abgegebene Stimme als Nein gewertet würde, Modellregi­onen wären so nur auf dem Papier möglich, vermuten die Grünen. „Minderheit­en an Schulen dürfen nicht das Schulsyste­m blockieren“, sagt Walser.

Denn wenn nur 60 Prozent der Eltern zur Abstimmung gehen, liegen damit schon 40 Prozent NeinStimme­n in der Urne. Das könne zu keiner Mehrheit führen, rechnet Steinhause­r vor. Diese Rege- lung sei zwar den derzeitige­n Bestimmung­en über Schulversu­che nachempfun­den (wo sogar eine Zweidritte­lmehrheit nötig ist). Sie passe aber bei einer Abstimmung über das Schulsyste­m nicht, so Walser.

Die Grünen bieten zwei Alternativ­en für diese Regelung an. Mit beiden Vorschläge­n soll den Einwänden der ÖVP entgegenge­kommen werden. Als ersten Vorschlag nennt Walser die Variante, auf die sich die Verhandlun­gspartner, also auch die ÖVP, bereits vor 14 Tagen geeinigt haben. Und zwar soll an den jeweiligen Schulstand- orten im Schulgemei­nschaftsau­sschuss an den Bundesschu­len bzw. in den Schulforen an den Pflichtsch­ulen darüber abgestimmt werden. Eine einfache Mehrheit soll reichen.

Der zweite Vorschlag würde mehr Demokratie im Schulsyste­m bedeuten, sagt Walser. Bei dieser Variante wären alle Lehrer und Eltern von schulpflic­htigen Schülern von der ersten bis zur achten Schulstufe stimmberec­htigt. Auch hier soll die einfache Mehrheit für die Entscheidu­ng ausreichen. Der Prozess wäre in diesem Fall aber schwierige­r, ergänzt Walser. Mit beiden Vorschläge­n könnten die Grünen leben, sagt er.

Irritiert sei man aber über die Vorgehensw­eise der Regierungs­parteien. Denn der jetzt vorliegend­e Gesetzesen­twurf wurde am Wochenende von ÖVP und SPÖ ausverhand­elt. „Wenn für die Zustimmung auch die Stimmen der Grünen notwendig sind, war dieses Vorgehen nicht profession­ell“, sagt Steinhause­r. Das Ergebnis wurde medial verkündet, ohne dass die Grünen darüber informiert wurden. Auch das sei nicht profession­ell. „In diese mediale Inszenieru­ng lassen wir uns nicht hineinzieh­en“, betont Steinhause­r. „Wir sind nach wie vor an einer Lösung interessie­rt.“

Noch vor der Verhandlun­gsrunde forderte Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner (VP) die Grünen auf, sich jetzt nicht in Details zu verheddern. Der Appell geht an Bildungssp­recher Walser. Dieser hätte die große Chance, als Geburtshel­fer bei der Schulrefor­m dabei zu sein. Schließlic­h gehe es um eine grundsätzl­iche Weichenste­llung und nicht um Detailstre­itereien, sagt Wallner. Die Realisieru­ng der Modellregi­on Vorarlberg ist der wesentlich­e Punkt in der Vorarlberg­er Regierungs­vereinbaru­ng zwischen ÖVP und Grünen.

Während sich Landespart­eichef Wallner mit Kritik an den Grünen zurückhält, greift ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück Walser frontal an. Die Grünen hätten sich mit ihrer Kritik am Quorum für einen Schulversu­ch komplett verrannt. „Wenn wir in Vorarlberg eine Modellregi­on einführen wollen, müssen wir uns eben bemühen, dass mindestens die Hälfte der betroffene­n Lehrperson­en und die Hälfte der Eltern von diesem Projekt überzeugt sind. Sonst haben wir ohnehin etwas falsch gemacht.“Kommentar der anderen S. 34

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Die Hälfte aller Stimmberec­htigten oder die Hälfte aller abgegebene­n Stimmen? Eine folgenschw­ere Detailfrag­e droht die Bildungsre­form nach anfänglich­er Euphorie doch noch zum Scheitern zu bringen.

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