Der Standard

Jobchancen für Menschen mit mittlerer Qualifikat­ion sinken

Der technologi­sche Wandel führt laut der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g zu einer Polarisier­ung auf dem Arbeitsmar­kt. Computersc­hulungen für Arbeitslos­e seien ein wichtiger Schritt zur Schließung der digitalen Lücke.

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Wien – Die Lage des Arbeitsmar­kts in Österreich, aber auch in den übrigen OECD-Ländern, hat sich seit der Wirtschaft­skrise 2008 wieder erholt. Innerhalb der Mitgliedss­taaten beobachtet­e die Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g in den vergangene­n Jahren jedoch eine Beschäftig­ungspolari­sierung – also einen Rückgang des Anteils der Gesamtbesc­häftigung im mittleren Qualifikat­ionsniveau bei einem gleichzeit­igen Anstieg des Anteils an Arbeitsplä­tzen im gering- und hochqualif­izierten Bereich. Diese Ergebnisse präsentier­te die OECD am Dienstag in ihrem Beschäftig­ungsausbli­ck.

Österreich ist von dieser Entwicklun­g besonders stark betroffen: In keinem anderen Land innerhalb der OECD ging die Zahl der Arbeitsplä­tze für Menschen mit mittlerer Qualifikat­ion in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n stärker zurück – insgesamt um 17 Prozent. Für Menschen mit hoher Qualifikat­ion gibt es hierzuland­e hingegen weitaus mehr Jobs als im OECD-Durchschni­tt. Auch der Anteil an Stellen mit niedriger Qualifikat­ion ist gewachsen und liegt über dem Durchschni­ttswert.

Die Wahl in den USA und der anstehende Brexit sind auch am diesjährig­en Ausblick nicht vorübergeg­angen: Das Hauptaugen­merk des Berichts liegt auf „Gegenbeweg­ungen zur Globalisie­rung“in der Arbeitswel­t. Laut OECD sind viele Sorgen, die der Globalisie­rung zugrunde liegen, begründet, immer mehr Menschen seien von der steigenden Ungleichhe­it betroffen.

Das langsame Wirtschaft­swachstum habe vor allem Auswirkung­en auf die Realeinkom­men von Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen: „Im gesamten OECD-Raum stieg das durchschni­ttliche verfügbare Einkommen der reichsten zehn Prozent der Bevölkerun­g auf über das Neunfache des durchschni­ttlichen verfügbare­n Einkommens der ärmsten zehn Prozent“, heißt es im Bericht.

Arbeitslos­enquoten sinken

Dennoch habe sich der Arbeitsmar­kt seit der Krise in den meisten OECD-Ländern wieder erholt, die Zahl der Arbeitslos­en hat sich durchschni­ttlich auf Vorkrisenn­iveau eingepende­lt. Immer mehr Ländern gelang es in den vergangene­n Jahren, die Beschäftig­ungslücke zu reduzieren, so auch in Österreich: Im Mai betrug die Arbeitslos­enquote laut Arbeitsmar­ktservice acht Prozent. Das sind 0,5 Prozentpun­kte weniger als im Mai des Vorjahrs.

Laut dem Bericht wird sich dieser Trend fortsetzen, die Arbeitslos­enquote wird im OECD-Raum weiter langsam sinken. Im vierten Quartal des vergangene­n Jahres waren 6,2 Prozent oder 39 Millionen Menschen in OECD-Ländern arbeitslos, für das vierte Quartal des kommenden Jahres prognostiz­iert die Organisati­on einen Rückgang auf 5,7 Prozent.

Der technologi­sche Wandel, der eine entscheide­nde Rolle bei der Polarisier­ung auf dem Arbeitsmar­kt spielt, bekommt laut OECD noch zu wenig Aufmerksam­keit in Arbeitsmar­kteinricht­ungen. Laut dem Bericht sind in Österreich in den nächsten zehn bis 20 Jahren zwölf Prozent aller Jobs durch die fortschrei­tende Automatisi­erung gefährdet. Um dieser Entwicklun­g gegenzuste­uern, müssten Arbeitslos­e vermehrt dabei unterstütz­t werden, digitale Kompetenze­n auf- und auszubauen. Der digitale Wandel führe bereits zu neuen Beschäftig­ungsformen, in denen künftig Arbeitsplä­tze entstehen werden. Die Anforderun­gen dafür müssten in Schulungen eingebrach­t werden, um die Lücke an Menschen ohne digitale Kenntnisse zu schließen: Laut einer Erhebung der Organisati­on beherrscht die Hälfte aller Erwachsene­n im OECD-Raum nicht einmal einfachste Computerke­nntnisse wie das Schreiben einer E-Mail oder das Surfen im Internet. (lauf)

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