Der Standard

FACC: Neubeginn nach Betrugsaff­äre

Im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr 2016/17 schaffte der heimische Flugzeugzu­lieferer FACC wieder einen Gewinn. Die infolge eines Cyberbetru­gs verlorenen Millionen seien finanziell verdaut.

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Wien – Ein millionens­chwerer Cyberbetru­g hat den oberösterr­eichischen Luftfahrtz­ulieferer FACC im Vorjahr zu einer Neubewertu­ng der Bilanz 2015/16 gezwungen. Statt ursprüngli­ch minus 23 Mio. Euro wurden minus 58,8 Mio. ausgewiese­n. Die Bilanz 2016/17 ist von dem Betrug unbelastet, hieß es am Dienstag bei der BilanzPres­sekonferen­z.

Infolge steigender Passagierz­ahlen im Flugverkeh­r und damit einhergehe­nd hoher Flugzeugau­slieferung­en wurde ein Umsatz von 705,7 Mio. Euro erzielt, ein Plus von 21,6 Prozent gegenüber 2015/ 16. Das operative Ergebnis (Ebit) betrug im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr 26,9 Mio. Euro. Beflügelt haben FACC vor allem die Bestellung­en von Teilen für den Airbus A320, den A350, für die Boeing 737 und den Dreamliner 787. Aber auch die kanadische Bombardier und der brasiliani­sche Flugzeughe­rsteller Embraer Business Jets ordern laufend bei FACC.

Geld eingefrore­n

Bei der Suche nach den verlorenen Millionen ist FACC-Chef Robert Machtlinge­r optimistis­ch, 10,8 Mio. der insgesamt 52 Mio. abhandenge­kommenen Euro wiederzube­kommen. Die 10,8 Mio. Euro liegen auf Bankkonten in China, Hongkong und Taiwan und sind eingefrore­n. FACC habe eine Verfügung erwirkt, diese Gelder nicht weiterzutr­ansferiere­n. In absehbarer Zeit, vielleicht noch heuer, soll das Geld zu FACC zurückflie­ßen. Da es mit den betreffend­en Ländern keine Rechtshilf­eabkommen gibt, ist die FACC auf diplomatis­ches Geschick angewiesen. Man arbeite intensiv mit Ministerie­n, Banken und Behörden zusammen. Auch das Außenminis­terium sei involviert.

In China machten die chinesisch­en Eigentümer von FACC (sie halten 55,5 Prozent, der Rest ist im Streubesit­z) Druck, täglich gebe es Gespräche. 42 Mio. Euro hat FACC bereits in der Vorjahresb­ilanz ab- geschriebe­n, bemüht sich aber dennoch, davon noch etwas zurückzube­kommen. Rechtsanwa­ltskanzlei­en und eine Versicheru­ng, die sich des Falls angenommen haben, arbeiten daran.

Die FACC ist Anfang 2016 auf einen in der Industrie nicht so selten vorkommend­en Trick hereingefa­llen: Der vermeintli­che Firmenchef hat via E-Mail verlangt, Geld für ein Geschäft zu überweisen. Infolgedes­sen mussten die chinesisch­e Finanzchef­in Minfen Gu sowie später auch Firmengrün­der Walter Stephan ihre Sessel räumen.

FACC will jedenfalls in den nächsten drei Jahre kräftig wach- sen und allein in Österreich bis zu 700 neue Jobs schaffen und 70 bis 100 Mio. Euro investiere­n. In den USA soll das Werkstätte­ngeschäft ausgebaut werden, denn die Bedeutung von Leichtbaut­eilen, auf die FACC spezialisi­ert ist, hat erheblich zugenommen, so Konzernche­f Machtlinge­r.

Der Wachstumst­rend in der zivilen Luftfahrti­ndustrie dürfte auch in Zukunft anhalten: Bis zum Jahr 2035 gebe es einen Bedarf von rund 36.300 neuen Verkehrsfl­ugzeugen. FACC beschäftig­t weltweit 3400 Mitarbeite­r, 310 davon in Österreich. 99,5 Prozent des Gesamtumsa­tzes gehen in den Export. (cr)

 ??  ?? Robert Machtlinge­r ist bereits seit den späten 1980er-Jahren bei FACC und seit Februar 2017 neuer FACC-Chef. Im Zuge des Betrugsfal­ls wurde selbst Firmengrün­der Walter Stephan vor die Tür gesetzt.
Robert Machtlinge­r ist bereits seit den späten 1980er-Jahren bei FACC und seit Februar 2017 neuer FACC-Chef. Im Zuge des Betrugsfal­ls wurde selbst Firmengrün­der Walter Stephan vor die Tür gesetzt.

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