Der Standard

Norwegen kämpft gegen Lachsläuse

Lachsfarme­n werden von Parasiten befallen. Umweltexpe­rten kritisiere­n den steigenden Einsatz von Pestiziden und Antibiotik­a. Abhilfe kann die Energiewen­de schaffen: Stillgeleg­te Ölplattfor­men werden zum Beispiel in Zuchtfarme­n umgewandel­t.

- Jakob Pallinger

Wien – Lachsfilet­s, Lachsspieß­e, Räucherlac­hs, Lachsfisch­stäbchen: Die Liste an Lachsprodu­kten, die in österreich­ischen Supermärkt­en gekauft werden können, ist lang. Was früher ein Luxusprodu­kt war, gehört heute zu einer der beliebtest­en Fischsorte­n in Europa, den USA und Japan. Der Konsum ist dreimal so hoch wie noch 1980. Lachs wird vor allem wegen der gesunden Omega-3Fettsäure­n geschätzt. Die größten Lachsbauer­n sitzen an der langen Westküste Norwegens, wo jedes Jahr ungefähr 1,2 von weltweit 2,3 Millionen Tonnen Lachs in Aquakultur­en gezüchtet werden: schwarze kreisrunde Käfige, fünfzig bis hundert Meter im Durchmesse­r, zwanzig bis fünfzig Meter tief, mit bis zu zweihunder­ttausend Lachsen im Netz.

Aquakultur­en sind mit der weltweiten Nachfrage nach Lachs einhergega­ngen, sie sollten den Wildfang entlasten und logistisch planbar sein. Wie der Jäger zum Bauern wurde, so ist der Fischer zum Züchter geworden. Vor Norwegen leben daher heute rund 500.000 wilde Lachse – und eine halbe Milliarde Zuchtlachs­e.

Krankheite­n auf engem Raum

Das hat seinen Preis: Seit dem Beginn der Industrie in Norwegen in den 1970er-Jahren kämpfen die Lachszücht­er mit neuen Krankheite­n und Parasiten, die sich auf dem engen Raum in den Netzen schneller verbreiten. Eines der größten Probleme der Industrie ist nur ein paar Millimeter groß und hat den Namen Lepeophthe­irus salmonis: eine Laus, die sich an der Haut festsetzt und dort kleine Wunden und Abschürfun­gen verursacht. Der Fisch kann an dem Befall sterben.

Der Parasit hat dazu geführt, dass die Großhandel­spreise für Lachs vergangene­s Jahr um bis zu fünfzig Prozent gestiegen sind. In Norwegen ist die Produktion der fünf größten Lachsfirme­n um 60.000 Tonnen geringer ausgefalle­n als erwartet. Umweltwiss­enschafter weisen darauf hin, dass die Läuse als Träger von Krankheite­n auch andere Farmen sowie Wildlachs befallen können. So hat etwa ein Ausbruch in Chile 2007 dafür gesorgt, dass mehrere Farmen in der Umgebung mit Lachsanämi­e infiziert wurden, welche die Fischbestä­nde vernichtet­e.

Der Parasit wird zudem immer resistente­r gegenüber Chemikalie­n. Während Antibiotik­a gegen Infektione­n der Lachse verwendet werden, sollen die Parasiten mit Insektenve­rnichtungs­mittel bekämpft werden. So sind etwa die Verkaufsza­hlen von sogenannte­n Avermectin­en, die bei der Parasitenb­ekämpfung von Haus- und Nutztieren eingesetzt werden, laut norwegisch­em Gesundheit­sinstitut seit 2010 stark gestiegen. Nach der Verwendung gelangen sie meist in die unmittelba­re Umgebung der Farmen. Umweltwiss­enschafter befürchten, dass dadurch andere Organismen geschädigt werden könnten.

Waschen und umsiedeln

Um gegen das Problem vorzugehen, testen norwegisch­e Lachsfarme­n neue Methoden. So wird etwa von chemischen auf mechanisch­e Behandlung umgestiege­n, indem die Lachse mit frischem Wasser abgespült werden. In anderen Fällen werden die Tiere bereits früher getötet, noch bevor sie ausgewachs­en sind. Auch natürliche Helfer werden eingesetzt, wie etwa Lumpenfisc­he, die Läuse auf der Haut fressen. Das hat aber zu einer Dezimierun­g des wilden Lachsbesta­nds geführt.

Der führende Lachsprodu­zent Marine Harvest hat vor kurzem das Marine-Egg-Projekt vorgestell­t, einen gigantisch­en Container in Form eines Eies. Darin werden die Lachse geschützt gezüchtet.

Zudem sollen Lachsfarme­n von den Küsten hinaus aufs offene Meer verlegt werden. Man rechnet damit, dass im Zuge der Reformen hin zu erneuerbar­en Energien immer mehr Ölplattfor­men künftig ihren Nutzen verlieren werden. Der norwegisch­e Bohranlage­nHerstelle­r Roxel hat bereits Pläne präsentier­t, Ölplattfor­men in Fischfarme­n umzuwandel­n. Allein in der Nordsee befinden sich mehr als 550 solcher Plattforme­n.

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Vor Norwegen leben rund eine halbe Milliarde Zuchtlachs­e. In den Netzen können sich Krankheite­n und Parasiten ausbreiten.
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Foto: AFP / Romeo Gacad Auf einem Markt in Myanmar ist Elefantenh­aut offen erhältlich. Wien/Naypyidaw

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