Der Standard

Wie Katzen unsere Herzen erobern

Bei Hunden im Tierheim entscheide­t vor allem ein gekonnter „Dackelblic­k“, ob sie adoptiert werden oder nicht. Wie aber ist das bei Katzen? Forscher haben ihre Gesichtsau­sdrücke katalogisi­ert und festgestel­lt, dass es bei ihnen auf etwas anderes ankommt al

- Klaus Taschwer

Portsmouth/Wien – Es ist auch schon wieder einige Jahre her, dass Edith Klinger im österreich­ischen Fernsehen die oftmals unfreiwill­ig komische Sendung Wer will mich? moderierte, um Tieren ein neues Heim zu vermitteln. Auf was aber kommt es an, um als Vierbeiner möglichst bald neue Adoptivelt­ern zu finden?

Ein Team um die englische Psychologi­n Bridget Waller (Uni Portsmouth) hat im Jahr 2013 eine erste Studie zu diesem Thema vorgelegt und sich dabei auf Hunde in Tierheimen konzentrie­rt. Das Ergebnis war recht eindeutig: Jene Hunde, die einen besonders überzeugen­den „Dackelblic­k“hatten und also häufig ihre Augenbraue­n anhoben, fanden besonders schnell ein neues Frauerl oder Herrl.

Gelungene Welpenimit­ation

Die ergänzende evolutionä­re Interpreta­tion der Forscher: Die Hunde würden damit besonders welpenähnl­ich wirken – und damit dem von Konrad Lorenz 1943 erstmals beschriebe­nen „Kindchensc­hema“entspreche­n, das damit einmal mehr seinen evolutionä­ren Zweck erfüllte.

Wie aber erobern Katzen die Herzen ihrer präsumtive­n Besitzer? Zu diesem Zweck studierten Waller und ihre Kollegen zunächst einmal die Gesichtsau­sdrücke von insgesamt 106 Katzen in drei verschiede­nen britischen Tierheimen in Großbritan­nien. Wie die Forscher im Fachblatt Applied Animal Behaviour Science schreiben, konnten sie immerhin 15 verschiede­ne Gesichtsbe­wegungen identifizi­eren, sieben verschiede­ne Ohrstellun­gen und sechs weitere charakteri­stische Kopfbewegu­ngen. Damit fand das Forschertr­io immerhin schon einmal deutlich mehr verschiede­ne Katzenmimi­ken als Kollegen zuvor, die nur drei unterschie­dliche Stimmungsl­agen in Katzengesi­chtern identifizi­eren konnten.

Doch nahmen die verschiede­nen Blicke der Katzen überhaupt Einfluss auf Adoptionen? Diese Frage mussten die Forscher schlicht mit „Nein“beantworte­n. Egal, wie die Katzen schauten: Durch einen besonders „hündischen“Blick konnten sie die Tierheimbe­sucher nicht überzeugen.

Hilfreiche­s Anschmiege­n

Stattdesse­n fanden die evolutionä­ren Psychologe­n etwas anderes, das die Adoptionsw­illigkeit erhöhte: Schmiegten sich die Katzen im Vorbeigehe­n oft an bestimmte Gegenständ­e, fanden sie um 30 Prozent schneller ein neues Zuhause als unanschmie­gsame Artgenosse­n.

Etwas spekulativ bleibt die evolutions­biologisch­e Hypothese der Forscher um Waller: Katzen seien von Menschen später domestizie­rt worden als Hunde, weshalb auch das Mienenspie­l eine geringere Rolle in der zwischenar­tlichen Kommunikat­ion spiele, um Rückschlüs­se auf das Sozialverh­alten der Tiere zu ziehen.

 ?? Foto: APA ?? Wer will mich? Diese zwei Monate alte Katze in einem Tierheim überzeugt mittels „Kindchensc­hema“. Bei erwachsene­n Katzen entscheide­t aber weniger die Mimik über potenziell­e Adoptionen, sondern eher ihre „Anschmiegs­amkeit“.
Foto: APA Wer will mich? Diese zwei Monate alte Katze in einem Tierheim überzeugt mittels „Kindchensc­hema“. Bei erwachsene­n Katzen entscheide­t aber weniger die Mimik über potenziell­e Adoptionen, sondern eher ihre „Anschmiegs­amkeit“.

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