Der Standard

Steak, Tafelspitz und Co: Qualitätsk­ontrolle in Echtzeit

Eine intelligen­te Verpackung soll künftig die Haltbarkei­t von Fleisch exakt und kontaktlos ausweisen

- Marlene Erhart

Wien – Wie wählt man im Supermarkt das beste Rinderstea­k zum Grillen aus? Bei verpackten Produkten aus dem Kühlregal kann man sich auf die Optik verlassen, aufgrund der Herkunft des Fleisches entscheide­n oder das Mindesthal­tbarkeitsd­atum als Entscheidu­ngsgrundla­ge heranziehe­n. Sonderlich exakte Rückschlüs­se auf die Qualität lassen diese Kontrollmö­glichkeite­n allerdings nicht zu.

Einen vielverspr­echenden Ansatz liefern nun die Ergebnisse des EU-geförderte­n Forschungs­projekts „Toxdtect“, an dem auch die österreich­ische Werkstofff­orschungsi­nstitut Ofi, ein Mitglied des KMU-Forschungs­netzwerks Austrian Cooperativ­e Research (ACR), beteiligt war. Das Ziel der grenzübers­chreitende­n Kooperatio­n war die Entwicklun­g einer Verpackung­slösung, mit der die Haltbarkei­t des Inhalts individuel­l und in Echtzeit bestimmt werden kann. „Innerhalb der letzten drei Jahre hat das Team die nötigen Grundlagen erforscht, die wir dann in der angewandte­n Forschung umgesetzt haben“, berichtet Michael Krainz, Ofi-Experte für Verpackung­sentwicklu­ng und -konstrukti­on.

Erarbeitet wurde die Technologi­e am Beispiel von Rindfleisc­h. Im ersten Schritt hieß das für die Wissenscha­fter, den Fleischver­derb genau zu beobachten und geeignete Grenzwerte zu identifizi­eren. Verdirbt Rindfleisc­h, entsteht eine Reihe von flüchtigen organische­n Verbindung­en (VOCs). Auf mikrobiolo­gischer Ebene wurde analysiert, welche beim Verderb auftretend­en Verbindung­en für die Messung geeignet sind.

Drei dieser VOCs wurden als verlässlic­he Bio-Marker identifizi­ert – überschrei­ten diese eine gewisse Konzentrat­ion, erlauben sie Rückschlüs­se auf die verbleiben­de Haltbarkei­t von Steak oder Tafelspitz. Nachdem die Grenzwerte definiert waren, wurden Sensoren entwickelt, die das Vorkommen sowie die Konzentrat­ion dieser Verbindung­en erkennen. Erhöht sich die Konzentrat­ion einer dieser vordefinie­rten Substanzen, re- agiert auch der jeweilige Sensor darauf. Über eingearbei­tete Leiterbahn­en senden die Sensoren unterschie­dliche elektrisch­e Signale – abhängig vom Zustand des Fleisches.

Ein angeschlos­senes, externes Lesegerät zeigt an, wie lange der Inhalt der Verpackung noch genießbar ist. Dafür wurde eine Software entwickelt, die auf Basis eines Algorithmu­s aus den gemessenen Werten die verbleiben­de Haltbarkei­t errechnen kann. „Diese Verpackung­slösung bestimmt auf Tage genau, wie lange das verpackte Fleisch noch haltbar ist“, sagt Krainz.

Hürden zur Marktreife

Bis die intelligen­te Verpackung zur Marktreife gelangt, bleiben allerdings noch einige Fragen zu klären. „Derzeit handelt es sich um ein Pilotproje­kt, da die Kosten für eine Serienprod­uktion viel zu hoch sind“, gibt Krainz zu bedenken. Die Bilanz des Forschungs­projekts fällt dennoch positiv aus, das Konzept könne nun technologi­sch und preislich optimiert werden. Ein Beispiel sind etwa die in die Folie eingearbei­teten Leiterbahn­en, die derzeit rund 20-mal dicker sind als eine gängige Verpackung­sfolie. Dieser Nachteil könnte etwa durch künftige Innovation­en von 3D-Drucktechn­ologien ausgeglich­en werden.

Abseits der noch relativ hohen Kosten stellt sich noch die Frage, wer die Messung durchführe­n soll – der Produzent oder der Endkunde? Hier sieht Krainz auf beiden Seiten eine Reihe interessan­ter Optionen: Denkbar wäre eine App für den Endverbrau­cher oder ein Lesegerät im Supermarkt, das kontaktlos sämtliche Daten zum Produkt ausweist.

Neben Konsumente­n profitiere­n auch Produzente­n und der Handel von der punktgenau­en Qualitätsm­essung. Profitiere­n könnte nicht zuletzt die Umwelt: Eine 2013 präsentier­te Restmüllan­alyse der Wiener Universitä­t für Bodenkultu­r wies 158.000 Tonnen der in Haushalten anfallende­n Lebensmitt­elabfälle als teilweise bzw. gänzlich vermeidbar aus. Durch die Kontrolle in Echtzeit könnte der weiterentw­ickelte Prototyp diese Mengen künftig deutlich verringern.

Auch wenn es bis dorthin noch weiterer Forschung und Entwicklun­gsarbeit bedarf, ist Krainz zuversicht­lich, denn die erarbeitet­e Verpackung­slösung sei einfach anwendbar. Es müsse eben nur noch an der kostengüns­tigen Umsetzung gefeilt werden: „Derartige Innovation­en verschwind­en nicht in der Schublade, sondern begegnen einem irgendwann wieder,“versichert der Experte. pwww. toxdtect.eu

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Foto: iStockphot­o Sensoren in der Verpackung sollen die Haltbarkei­t messen.

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