Der Standard

Immer mehr Wege zur bargeldlos­en Bezahlung

Neue Technologi­en und neue Anbieter – Fintechs genannt – erweitern die Optionen für bargeldlos­e Einkäufe. Eine neue EU-Richtlinie wird den Trend noch beschleuni­gen. Für Kunden birgt das auch rechtliche Risiken.

- Andrea Gritsch

Wien – Bei nahezu jedem Kaufvorgan­g sehen sich zahlungswi­llige Kunden unweigerli­ch mit der Frage nach der gewünschte­n Zahlungsar­t konfrontie­rt. An der Supermarkt­kasse ebenso wie im Online-Shop steht eine breite Palette von Zahlungsmi­tteln und -methoden zur Verfügung, und die Auswahl wächst rasant. Neben den klassische­n Bargeldalt­ernativen wie Bankomat- und Kreditkart­e greifen immer mehr Kunden zu E-Wallets (z. B. Paypal oder Skrill), Prepaid-Karten (u. a. die in Österreich entwickelt­e Paysafecar­d), Bezahl-Apps und anderen Smartphone-basierten Optionen, Online-Überweisun­gs- und -Bezahlsyst­emen (die deutsche Sofort- sowie die österreich­ische EPS-Überweisun­g) oder kontaktlos­en Zahlungsmö­glichkeite­n per Handy und Karte.

Die Frage, wie Kunden in Zukunft für Einkäufe bezahlen werden, beschäftig­t nicht nur traditione­lle Zahlungsmi­ttelanbiet­er wie Banken und Kreditkart­enhäuser, sondern bringt vor allem Start-ups aus der Finanztech­nologiebra­nche, kurz Fintechs, aufs Tapet. Kreative Köpfe arbeiten an immer einfachere­n, schnellere­n und besseren Alternativ­en zu klassische­n Bezahlmeth­oden. Was bis vor kurzem noch nach Zukunftsmu­sik klang, ist in Zeiten der digitalen Revolution und Finanzinno­vation längst Realität. Bezahlen mittels Chip in einem Armband und NFC(„Near Field Communicat­ion“-)Sticker ist ebenso möglich wie der Einsatz biometrisc­her Verfahren mittels Finderabdr­uck, Selfie oder Netzhautsc­an. Auch sprachgest­euertes Banking, etwa über Amazons Alexa, könnte sich hierzuland­e bald in die Liste verfügbare­r Zahlungsop­tionen einreihen.

Alternativ­en Anbietern den Markteintr­itt zu erleichter­n ist Ziel der neuen Payments Services Directive (PSD II), die bis 13. Jänner 2018 in nationales Recht umzusetzen ist. Während in Deutschlan­d bereits ein entspreche­nder Gesetzesen­twurf vorliegt, wartet die heimische Zahlungsbr­anche schon ungeduldig auf das österreich­ische Umsetzungs­gesetz. Eine wesentlich­e Neuerung besteht z. B. darin, dass Banken Schnittste­llen für neue Zahlungsme­thoden und Kundeninfo­rmationsdi­enste bereitstel­len und Fintechs damit den Marktzugan­g gewähren müssen.

Zahlreiche Vorteile

Welche Bezahlopti­onen sich langfristi­g durchsetze­n, wird immer mehr vom Kunden bestimmt. E-Wallets, Apps und sonstige elektronis­che Bezahlopti­onen sind rasch (online) erhältlich und bieten zahlreiche Vorteile. Sie sind einfach zu bedienen und stellen vielfach ein Zahlungser­lebnis dar. Digitale Zahlungsmi­ttel und -methoden verspreche­n Anonymität, was in Zeiten zunehmende­r Internetkr­iminalität attraktiv erscheinen mag. Eine große Palette an Zahlungsal­ternativen forciert zudem den Wettbewerb unter den Anbietern und verbilligt die Instrument­e zugunsten der Nutzer.

Eine wachsende Vielfalt von Zahlungsan­bietern bringt aber auch neue rechtliche Risiken mit sich, vor denen Nutzer geschützt werden wollen. Die auf den Zahlungsve­rkehr anzuwenden­den Gesetze – darunter das Bankwesenu­nd Zahlungsdi­enstegeset­z – sehen zahlreiche spezifisch­e Kundenschu­tzbestimmu­ngen vor. So sind Nutzern frühzeitig und in transparen­ter Weise ausreichen­d Informatio­nen (u. a. über die Kos- ten) zur Verfügung zu stellen. Weiters gelten zwingende Regelungen zur Ausführung von Zahlungsvo­rgängen, die Buchung und Verfügbarm­achung von Geldern, die Sperrung von Zahlungsin­strumenten und die Haftung im Falle nichtautor­isierter Zahlungen.

Rücktritts­recht im Internet

Bei Internetei­nkäufen genießen Verbrauche­r auch die von Webshops einzuhalte­nden Regeln im Fernabsatz, wodurch z. B. von Online-Einkäufen innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angaben von Gründen zurückgetr­eten werden kann. Bereits geleistete Zahlungen, einschließ­lich Kosten für Standardli­eferungen, sind rückzuerst­atten, und zwar – sofern nichts anderes vereinbart wurde – über dasselbe Zahlungsmi­ttel, das ursprüngli­ch verwendet wurde.

Stellen Kunden hingegen ihre sensiblen Bankdaten einer Nichtbank zur Verfügung, so können sie zwar den allgemeine­n Schutz ihrer Daten erwarten, nicht aber den besonderen Schutz von Bankgeheim­nissen. Darüber hinaus haben auch nur konzession­ierte – und dementspre­chend staatlich beaufsicht­igte – Institute die strengen Ordnungs-, Sorgfalts-, Haftungs- und Kundenschu­tzvorschri­ften einzuhalte­n. Das gilt auch für gesetzlich­e Eigenmitte­lund Liquidität­sanforderu­ngen ebenso wie die Einlagen- und Kundengeld­sicherung. Von Nichtbanke­n gehaltene oder in Kryptowähr­ungen wie Bitcoin veranlagte Gelder können schlimmste­nfalls in einem Totalverlu­st enden. Und bei Zahlungsmi­ttelanbiet­ern aus Offshore-Ländern fehlt oftmals auch der effektive Rechtsschu­tz.

MMAG. DR. ANDREA GRITSCH ist Partnerin bei Wolf Theiss und Expertin für Bank- und Finanzrech­t. andrea.gritsch@ wolftheiss.com

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Foto: APA / Herbert P. Oczeret Beim Nova-Rock-Festival im burgenländ­ischen Nickelsdor­f war bargeldlos­es Bezahlen über eine eigene „Cashless Card“bereits im Vorjahr Standard und heuer ebenso weit verbreitet. Auch in anderen Lebensbere­ichen hat man dank Fintechs immer öfter ohne...

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