Lebensbejahung mit Knight-Rider-Versicherung
Am Samstag ist im Burgenland das Festival Nova Rock zu Ende gegangen. Green Day unterhielten mit Hits und viel Kasperltheater. Von David „The Hoff“Hasselhoff ist nichts Gegenteiliges zu berichten
Nickelsdorf – Eines muss man dem Nova Rock lassen: Als Festival mit Bekenntnis zu Schweiß, Dreck und Bierdunst stellt es für Instagram-Modeblogger nach wie vor eine denkbar unattraktive Spielwiese dar. Anders als etwa beim kalifornischen Coachella Valley Music and Arts Festival sieht man in Nickelsdorf derlei Verirrte schon nach einem halben Nachmittag nur noch auf dem Smartphone wischen und sich postingtechnisch auf die Präsentation des eigenen Schuhwerks beschränken. Kein Wunder bei Bands wie Eskimo Callboy, die ihre Fangemeinde spontan zu einem „Ruhrpott-Holi-Festival“anspornen – also nein, nicht das mit den lustigen Farben, sondern das mit dem Schlamm. Ure grauslich he!
Ein besseres Fotomotiv war am Abschlusssamstag des Nova Rock definitiv Machine Gun Kelly. Der 27-Jährige aus Cleveland, Ohio, ist der geilste Röhrenjeans-Rapper von Scheibbs bis Nebraska. Das muss der Left Boy halt einfach einsehen. Live schieben hinten zwei Keyboarder, ein DJ und ein analoger Drummer an, vorn kratzt eine reduzierte E-Gitarre herum, Kelly haut die Doubletime-Rhymes raus und bewegt sich dazu wie Justin Timberlake nach einer Testoste- ronbehandlung. Im Mai ist sein neues Album Bloom erschienen, kann man sich schon streamen.
Am Freitag gehörte der RapRock-Verschnitt den Prophets of Rage, eine 2016 anlässlich des größten anzunehmenden Politunfalls in den USA formierte Supergroup. Sie setzt sich aus der Instrumentenabteilung von Rage Against the Machine und den Wortakrobaten von Cypress Hill sowie Public Enemy zusammen. Schon in den Neunzigerjahren begründeten die jeweiligen Formationen ihren knallharten, klugen und dabei auch noch massentauglichen Sound auf die Annahme, dass sich Pop den sozialpolitischen Problemen nicht verschlie- ßen darf. Heute will und muss man die Kräfte bündeln.
Fein abgestimmt ergossen sich alle maßgeblichen Hits aus dem Rage-Against- und Cypress-HillKosmos über das Publikum. Mit dem Song Unfuck the World gab man auch einen Ausblick auf das erste gemeinsame Album, das im September erscheint. Wie schon zuvor bei Rock am Ring holte man Serj Tankian von System of a Down auf die Bühne, um des kürzlich erst 52-jährig verstorbenen Sängers, Kollegen und Freunds Chris Cornell mit dem AudioslaveSong Like a Stone zu gedenken.
Am Samstag lieferten Headliner Green Day eine Zweieinhalb-Stunden-Show ab, bei der sie gut zwei Dutzend Songs ihrer dreißigjährigen Bandgeschichte aus dem Ärmel schüttelten. Ein wie immer gut überdrehter Frontmann Billie Joe Armstrong zog alle Register der Massenunterhaltung, die phasenweise an der eigenen kindlichen Überdrehtheit zu scheitern drohte. Aber wie soll man schon stillhalten, wenn das aktuelle Album Revolution Radio (2016) wie zu allerbesten Anti-Bush-Zeiten derzeit gerade wieder dankbar von einem US-Präsidenten an die Chartspitze getragen wird? Eben.
1994 erschien das weltweite Durchbruchsalbum Dookie. Daraus zu hören waren etwa die erste Hitsingle Longview, die ikonische Mittelschüler-Hymne Basket Case und ein etwas verhatscht dargebrachtes When I Come Around. Eine Stunde ihrer Arbeitszeit reservierten sich Green Day aber für ausgedehnte Kasperliaden, vom Gitarrencontest bis zur TShirt-Kanone. Da konnte einen schon zeitweise der Schlaf überkommen.
Late-Night-Schlussakt David „The Hoff“Hasselhoff trat an, um noch einmal wachzurütteln. Die jüngsten Anwesenden kennen den Mann wohl nur noch als unverständlichen Schenkelklopferwitz ihrer Eltern. Die unfassbar trashigen Videoeinspielungen dieser beispiellosen US-amerikanischen Funk- und Fernsehkarriere müssen auf sie wie zufällig abgefangenes Analysematerial von Außerirdischen wirken, mithilfe dessen der Beschluss gefasst wurde, die Menschheit für alle Zeit nicht weiter zu behelligen.
„Nicki“und „Kitt“
Für Eingeweihte sang sich „The Hoff“aber ohne Schimpf und Tadel gute Schlager von der Seele: Country Roads, Sweet Caroline, Crazy for You, Looking for Freedom und als Draufgabe Ein Bett im Kornfeld vom Bruder im Geiste, the one and only Juergen Drews.
In Plauderlaune gekommen, erzählte er auch noch von seiner ersten Begegnung mit dem Homo austriacus. „Nicki“vom Rennbahn Express habe damals seinen privaten Kitt zu Schrott gefahren und ihm danach eröffnet, dass es dort drüben ein ihm bis dahin unbekanntes Stückchen Land geben soll, in dem sein Song Night Rocker gerade die Charts stürme. Von Wiener Neustadt aus habe er hernach seinen Gesang über die Welt getragen. So ähnlich, sagt man, soll sich ja auch die Sache mit der Mauer zugetragen haben. FakeNews? It’s true! Believe me!