Der Standard

Bisch’ a Peruaner ...

- Gianluca Wallisch

Ziehharmon­ika, Berge, Sonne ... aha, Alpendoku. Doch als die Kamera Bananensta­uden und Papageien einfängt, sind Erwartungs­haltung und Wahrnehmun­g nicht mehr in Einklang zu bringen. Aber dann passt es wieder: Die Rede ist durchaus von Tirol, aber von einem am anderen Ende der Welt: in Peru, an den tropischen Ausläufern der Anden. Im Dörfchen Pozuzo leben seit Mitte des 19. Jahrhunder­ts die Nachfahren von 156 Tirolern und Rheinlände­rn.

Die Alten, im Film von Emanuel Bachnetzer anhand der Bäuerin Anna Randolf Gstir porträtier­t, leben hier in dritter Generation. Sie lassen es noch schön krachen beim Reden, sprechen noch den Dialekt der Großeltern aus Silz bei Imst, die 1857 den teils verzweifel­ten, teils träumerisc­hen Entschluss fassten, auszuwande­rn. „Nicht ihr, Tyrol sollte weinen, dass es seine Söhne und Töchter nicht ernähren kann und sie ziehen lassen muss“, beklagte damals der Ortspfarre­r.

Palmen, Dirndl und Bananenstr­udel (noch eine Woche in der TVthek des ORF) ist der zweite Teil einer Doku, die 2011 mit der Schilderun­g der Geschichte Pozuzos begann, und zeigt, wie die Menschen im Dorf heute leben, wie sie mittlerwei­le waschechte Südamerika­ner sind (bisch’ a Peruaner, bisch’ a Mensch ...) und immer noch ihre Traditione­n hochhalten.

Doch die Welt dreht sich weiter. Die Jungen verstehen ihre Großeltern kaum noch. Zwar lernen sie „Hochdeutsc­h“in der Schule und nehmen brav an Folklore-Events teil, aber mit dem österreich­ischen Tirol hat diese Generation, in der der Anteil der Indios unübersehb­ar wird, nicht mehr so viel zu tun. Und weil sie ihre eigenen Träume haben, verlassen viele Junge nun auch dieses Dorf. Die Geschichte wiederholt sich ... pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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