Der Standard

Kurz im Realitätsc­heck

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Lassen wir das Sprachbild „populistis­cher Vollholler“(Christian Kern) beiseite. Klopfen wir den Plan von Sebastian Kurz für die „Schließung der Mittelmeer­route“genau und nüchtern ab. Vor allem, wenn man (wie Kurz und Kern) der Meinung ist, dass Europa nicht Hunderttau­sende aus Afrika ohne jede Integratio­nsperspekt­ive aufnehmen kann.

Kurz sagt: 1) Die Schließung der Balkanrout­e hat ja auch funktionie­rt, und 2) Illegale Migranten müssten „an der Außengrenz­e der EU gestoppt, versorgt und zurückgest­ellt werden“. Australien und Spanien hätten „ihren“Flüchtling­sstrom gestoppt.

Realitätsc­heck. Die Schließung der Balkanrout­e hat funktionie­rt, aber auch deshalb, weil praktisch gleichzeit­ig das Abkommen der EU mit der Türkei den „Nachschub“über die Ägäis bremste. „Stoppen, versorgen, zurückstel­len“– wo? In Libyen, einem „failed state“, der von schwerbewa­ffneten Banden beherrscht wird, die die Zurückgest­ellten zur Erpressung benutzen würden? Wer das verhindern will, braucht eine ausgewachs­ene militärisc­he Interventi­on der EU vor Ort. In Tunesien, Ägypten? Die haben schon abgewunken.

Der eventuell machbare Teil von Kurz’ Plan ist der Bezug auf Spanien. Die Spanier haben die westafrika­nischen Herrscher bestochen – äh – bewogen, dass sie die Flüchtling­e aus ihren Ländern nicht weglassen. Das ist wohl der Weg. Er wird sehr teuer.

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