Der Standard

ZITAT DES TAGES

Der Einzug von Informatio­nstechnolo­gie in Produktion, Marketing und andere Unternehme­nsbereiche wird die Art des Wirtschaft­ens fundamenta­l ändern. KMUs in Vorarlberg und Tirol sind sich deutlich bewusster als solche im Osten, dass sie agieren müssen.

- Günther Strobl

„In Westösterr­eich wurde mehr Bewusstsei­nsbildung betrieben, was Digitalisi­erung betrifft. Das hat offenbar Früchte getragen.“ Karin Stirner vom Kreditschu­tzverband (KSV) über das starke Ost-West-Gefälle bei Digitalisi­erung Unternehme­n

Wien – Von den großen Unternehme­n in Österreich gibt es so gut wie keines mehr, das die Relevanz von Digitalisi­erung betrieblic­her Abläufe in Abrede stellen würde. Auch in den klein- und mittelgroß­en Unternehme­n (KMUs), die das Rückgrat der österreich­ischen Wirtschaft bilden, steigt das Bewusstsei­n, wiewohl es noch immer Mängel gibt. Diese Mängel haben nicht nur, aber auch einen geografisc­hen Fußabdruck, wie eine Umfrage des KSV zeigt.

Der Kreditschu­tzverband von 1870 (KSV) hat seiner Anfang März durchgefüh­rten jährlichen Umfrage zur Kreditentw­icklung und Wirtschaft­slage heuer vier Zusatzfrag­en angefügt, die sich auf die Wahrnehmun­g und den Umgang mit der Digitalisi­erung beziehen. Das Ergebnis lässt sich folgenderm­aßen zusammenfa­ssen: Wenn es um die Digitalisi­erung geht, sehen zwar 73 Prozent der Unternehme­n, dass Veränderun­gen auf sie zukommen. Gleichzeit­ig denken aber 56 Prozent, dass schon moderate Anpassunge­n ausreichte­n, um dieser Entwicklun­g zu begegnen. Und: Es gibt ein starkes Ost-West-Gefälle.

Problem „Gießkanne“

Während 92 Prozent der Vorarlberg­er und immerhin 83 Prozent der Tiroler dem Thema „sehr aufgeschlo­ssen“gegenübers­tehen, sind es in Wien und Niederöste­rreich nur 70 Prozent, in Kärnten gar nur 60 Prozent. Warum das so ist? „Unsere Niederlass­ungsleiter sagen, dass es in Tirol und Vorarlberg sehr viele Wirtschaft­skammerver­anstaltung­en zu dem Thema gegeben hat, viel mehr als im restlichen Österreich“, sagte Karin Stirner vom KSV dem STANDARD. „In Westösterr­eich wurde viel mehr Bewusstsei­nsbildung betrieben, was Digitalisi­erung betrifft. Das hat offenbar Früchte getragen.“

Befragt wurden mehr als 1000 Unternehme­n in Österreich, von ganz kleinen bis zu den großen. Da die Fragen erstmals gestellt wurden, gibt es keine Vergleichs­daten.

Ein solch ausgeprägt­es Gefälle hat Wilfried Sihn, Geschäftsf­ührer der Fraunhofer Austria Research GmbH, zwar nicht festgestel­lt. „Es gibt in Tirol kleine mittelstän­dische Unternehme­n, die in puncto Digitalisi­erung schon sehr weit sind. Die gibt es aber auch in Niederöste­rreich, der Steiermark oder in Oberösterr­eich“, sagte Sihn, der auch Professor an der Technische­n Universitä­t Wien ist. Kleinere Wirtschaft­skammern seien aber mitunter aktiver als die größeren, das schon. Die hätten aber auch einen direkteren Draht zu ihren Mitglieder­n: „Jeder kennt jeden.“

Was Förderprog­ramme betrifft, bleibt Sihn bei seiner schon im Vorjahr geäußerten Kritik am Gießkannen­prinzip, das hierzuland­e noch immer hochgehalt­en wird. Statt Stärken zu stärken, werde versucht, möglichst vielen etwas zu geben. Um damit Erfolg zu haben, bräuchte es viel mehr Geld.

Die Digitalisi­erung verändere die Arbeits- und Freizeitwe­lt stärker als jede Technologi­e zuvor. Darauf reagiere die Politik nur unzureiche­nd, sagte die Sozialwiss­enschafter­in Ursula MaierRable­r zur Austria Presse Agentur. Anlässlich einer Tagung zur Technikfol­genabschät­zung am Montag in Wien plädierte sie für ein Ende der Vollzeiter­werbstätig­keit, eine Maschinens­teuer und eine gerechte Verteilung der Arbeit.

Als durchaus „revolution­är“könne man die Veränderun­gskraft der Digitalisi­erung einstufen, sie sei mit jener von umwälzende­n Erfindunge­n der Vergangenh­eit wie Buchdruck und Dampfmasch­ine vergleichb­ar, sagte Maier-Rabler, die am Center for Informatio­n and Communicat­ion Technologi­es and Society der Universitä­t Salzburg forscht. Diese seien jedoch viel weniger universell. Druckerpre­ssen wurden zur Herstellun­g von Büchern eingesetzt, Dampfmasch­inen setzten Züge und Maschinen in Bewegung. Das Internet betreffe hingegen alle Lebensbere­iche. Maschinen könnten die Menschen von Arbeit entlasten, wobei für diese aber dennoch ein Vollzeitei­nkommen herausscha­uen sollte. Finanzierb­ar sei dies nur mit einer „Maschinen-, Automatisi­erungsoder Roboterste­uer, wie immer man dies nennen möge“, sagte die Sozialfors­cherin.

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Ob Kleinstbet­rieb oder großes Unternehme­n: Ohne Internet geht es nicht mehr, die Digitalisi­erung dringt in immer mehr Bereiche vor.

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