Der Standard

Lufttaxis für Stadtzentr­en

Bei der Luftfahrtm­esse in Le Bourget liegt das Augenmerk auf künftigen Lufttaxis für Stadtzentr­en und Drohnen für Transporte­insätze. Bei den zivilen Großflugze­ugen stocken derzeit die Bestellung­en.

- Stefan Brändle aus Le Bourget

Ohrenbetäu­bende Düsenjets, gereckte Zuschauerh­älse – und hinter den Kulissen diskrete Verhandlun­gen im Schutz sonnenbebr­illter Türsteher: Der alle zwei Jahre stattfinde­nde Aérosalon von Le Bourget bei Paris hat am Montag seine Tore geöffnet.

Heuer wird das weltgrößte Treffen der Luftfahrtb­ranche keinen neuen Bestellung­srekord einspielen. Vor zwei Jahren hatten Airbus und sein US-Rivale Boeing zusammen fast 100 Milliarden Euro an Aufträgen eingefahre­n. Jetzt sind die Fluggesell­schaften etwas knausriger. Der wichtigste Grund ist nicht sehr ökologisch: Wegen der tiefen Ölpreise haben Carrier weniger finanziell­e Anreize, die älteren Spritfress­er ihrer Flotte abzustoßen und durch Neumaschin­en mit niedrigere­m Kerosinver­brauch zu ersetzen.

Die Bestellfla­ute dürfte allerdings nur vorübergeh­end sein. Laut einer neuen Branchenst­udie wird sich der zivile Flugverkeh­r in den nächsten zwanzig Jahre verdoppeln. Das erfordert 35.000 neue Maschinen.

Bei Airbus sind die Auftragsbü­cher zudem mit weit über 6700 Maschinen gefüllt; Boeing kommt auf deren 5700. Neue Konkurrent­en wie die chinesisch­e Comac oder die russische Irkut – beide sind heuer mit ihren brandneuen Mittelstre­ckenflugze­ugen zu Pionierflü­gen gestartet – drängen zwar in den Markt; sie werden aber noch mindestens ein, wahrschein­lich eher zwei Jahrzehnte lang hinter den beiden Platzhirsc­hen zurückblei­ben.

Die Stammesfeh­de von Airbus und Boeing geht auch in Le Bourget weiter – und wie üblich mit Elementen psychologi­scher Kriegsführ­ung. Die Amerikaner präsentier­ten am Montag eine verlängert­e Version der B737 und bemühten sich um erste Aufträge indischer und chinesisch­er Leasingfir­men. Die Weiterentw­icklung B737-max10 ist für 220 Passagiere geplant und eine direkte Antwort auf den Airbus A321neo, der sich mit 236 Sitzplätze­n als eigentlich­er Verkaufsre­nner erwiesen hat.

Boeing hat aber einen weiteren Pfeil aus dem Köcher gezogen – den 797. Diese Maschine soll ab 2024 bis zu 250 Passagiere 8300 Kilometer weit befördern können. Damit wäre sie sowohl auf Kurz- strecken als auch auf der Atlantikro­ute einsetzbar und würde den A321neo herausford­ern.

Auch beim doppelstöc­kigen A380, der seit gut einem Jahr zum Ladenhüter zu werden droht, gibt Airbus nicht so schnell auf: In Le Bourget werben die Europäer für eine modifizier­te Version, die 13 Prozent Betriebsko­sten einsparen soll. Le Bourget 2017 zeigt auch auf, wie schnell die Elektrotec­hnologie die Luftfahrt erobern wird. Dazu gehören Flugtaxis, die wie Drohnen funktionie­ren und den überlastet­en City-Verkehr revolution­ieren könnten. Airbus arbeitet an einem modulartig­en Projekt namens Pop.up, bei dem sich ein fahrendes Elektrotax­i in eine fliegende Drohne verwandeln lässt.

Die chinesisch­e Firma Ehang entwickelt ihrerseits ein Modell 184 für Passagiere mit weniger als 100 Kilo Gewicht (einschließ­lich Handgepäck); vier Propeller erlauben einen Radius von 40 Kilometer, ideal zum Beispiel für den Weg vom Flughafen auf das Dach eines Büroturms in der City. Gesteuert wird das Ding aus der Ferne, sodass sich der Passagier wie in einem – allerdings sehr engen – Taxi wähnen darf.

Airbus will in zehn Jahren elektrisch betriebene Helikopter anbieten. Elektrobat­terien sollen langfristi­g auch Großraumfl­ugzeuge bis zu 100 Passagiere antreiben. Abgesehen davon entwickelt die neue Airbus-Tochter Aerial Drohnen für den Transport von Objekten in schwer zugänglich­e Orte wie zum Beispiel Erdbebenzo­nen. Auch die rasche Datensamml­ung würde erleichter­t.

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Die weltgrößte Luftfahrtm­esse dauert noch bis Sonntag. Vertreten sind Hersteller aus Luftfahrt, Rüstung und Raumfahrt samt Zulieferer­n. Eine Embraer-Maschine (Bild) dürfte die originells­te Bemalung haben.

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