Der Standard

Rückkehr der Populisten

- Stefan Brändle

Die Franzosen beherrsche­n die hohe politische Kunst, ihre eigenen Wahlresult­ate zu korrigiere­n. Im ersten Durchgang der Parlaments­wahlen hatten sie La République en Marche (LRM) von Präsident Emmanuel Macron einen politische­n Triumph verschafft, der diese bis zu 450 Abgeordnet­e erwarten ließ. Im zweiten Wahlgang von Sonntag bremsten die Wähler Macrons Marsch durch die Institutio­nen wieder etwas ab: LRM erhält zusammen mit seinem Juniorpart­ner Modem „nur“350 Sitze. Für die absolute Mehrheit reicht es allemal.

Eine leichte Korrektur gegenüber dem ersten Wahlgang ist auch das Abschneide­n der beiden Großpartei­en: Die Konservati­ven halten den Schaden mit 131 Abgeordnet­en in Grenzen, während die 29 Sozialiste­n wenigstens mühelos die Fraktionss­tärke wahren.

Macron wird in der Nationalve­rsammlung keinen nennenswer­ten Widerstand von dieser Seite zu gewärtigen haben: Sozialiste­n und Konservati­ve sind intern zu zerstritte­n, um eine wirkungsvo­lle Opposition aufziehen zu können. Seine Hauptgegne­r in der neuen Legislatur­periode werden die Volkstribu­ne Marine Le Pen und Jean-Luc Mélenchon sein. Wer nach Macrons Präsidente­nwahl bereits eine Ära der parteilos-rationelle­n Konsenspol­itik kommen sah, muss seine Meinung ebenfalls korrigiere­n: Die politische­n Leidenscha­ften sind in Frankreich bereits zurück – und mit ihnen die Populisten beider Seiten.

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