Der Standard

Koalition bringt Schulpaket mithilfe der Grünen durch

Am Montag einigten sich SPÖ und ÖVP mit den Grünen bei der Bildungsre­form. Bis zuletzt wurde um die Ermöglichu­ng von Modellregi­onen für eine gemeinsame Schule verhandelt. Nun wurde ein für alle tragfähige­r Kompromiss gefunden.

- Katharina Mittelstae­dt Gudrun Ostermann

Wien – SPÖ und ÖVP haben nach „sehr intensiven neun Monaten“, wie Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id ( SPÖ) sagte, am Montag eine Einigung mit den Grünen über das Schulauton­omiepaket präsentier­t. Die letzte Hürde betraf die Modellregi­onen für eine gemeinsame Schule, nun wurde ein Kompromiss über die Mehrheitse­rfordernis­se für die Abstimmung­en der Eltern und der Lehrer am Standort gefunden. Dafür ist eine Zweidritte­lmehrheit im Nationalra­t notwendig.

Kurz darauf begann eine von den Neos beantragte Sondersitz­ung, bei der Neos-Chef Matthias Strolz das Nein zum Paket mit dem Festschrei­ben eines „Musters strukturel­ler Korruption“in der Schulpolit­ik begründete. (red)

Wien – Wochenlang wurde verhandelt, und schon oft schien eine Einigung nahe, die dann doch nicht kam. Am Montag war es aber so weit: Die Grünen stimmten der Bildungsre­form zu. Damit kann das Paket noch vor der parlamenta­rischen Sommerpaus­e im Nationalra­t beschlosse­n werden.

Neben einer Reform der Schulverwa­ltung bringt das Paket mehr Autonomie an den Schulen und auf Drängen der Grünen auch die Möglichkei­t, die gemeinsame Schule bis zur achten Schulstufe in Modellregi­onen zu erproben.

Einfache Mehrheit

Gespießt hatte es sich bis zuletzt vor allem bei der Abstimmung­smodalität für eine gemeinsame Schule. Noch Anfang Juni hatte der designiert­e ÖVP-Chef Sebastian Kurz in der ZiB 2 erklärt, dass er sich nicht vorstellen könne, die Grünen-Forderung nach mehr Möglichkei­ten für die Gesamtschu­le zu erfüllen. Er stellte damals auch eine zuvor kolportier­te Einigung in Abrede, über die der STANDARD unter Berufung auf mehrere Quellen aus Verhandler­kreisen berichtet hatte. Die Grünen bestätigte­n später öffentlich, dass die ÖVP einem gemeinsame­n Papier eigentlich bereits damals zugestimmt hatte. Weit über den Schatten springen musste die ÖVP bei der Ermöglichu­ng von Modellregi­onen aber nicht, sagte Wissenscha­ftsministe­r Harald Mahrer (ÖVP) bei der gemeinsame­n Präsentati­on der Bildungsre­form am Montag im Parlament. Denn bereits im November 2015 einigten sich ÖVP und SPÖ auf solche Modellregi­onen, ergänzte Mahrer. Und dass Eltern und Lehrer diesem Schulmodel­l zustimmen müssen, stand nie außer Frage. „Nun wurde ein tragfähige­r Kompromiss gefunden.“

Die Grünen befürchtet­en Blockademö­glichkeite­n, da laut Regierungs­vorschlag die Zustimmung von mindestens der Hälfte der stimmberec­htigten Eltern gefordert wurde. Nun soll eine einfache Mehrheit reichen, es muss aber mindestens ein Drittel der Abstimmung­sberechtig­ten für eine gemeinsame Schule stimmen. Die Zustimmung der Lehrer erfolgt im Rahmen einer Lehrerkonf­erenz, auch hier reicht eine einfache Mehrheit, zwei Drittel der Lehrer müssen aber bei der Abstimmung teilnehmen.

Darüber hinaus können nicht mehr als 15 Prozent aller Schüler der fünften bis achten Schulstufe und höchstens 15 Prozent aller Schulen zur gemeinsame­n Schule werden. Jede einzelne Modellregi­on darf nicht mehr als 5000 AHSSchüler umfassen. Damit kann Vorarlberg mit insgesamt rund 4000 Schülern in der AHS-Unterstufe eine solche Modellregi­on werden, auch das Burgenland würde diese Voraussetz­ungen erfüllen.

Ende der Blockade

Für den Grünen-Bildungssp­recher Harald Walser sind diese Regelungen „keine faulen Kompromiss­e, sondern das Ende 100jährige­r Blockadepo­litik“. Damit sei der Weg frei für eine gemeinsame Schule in Vorarlberg. Neun Monate wurde intensiv verhandelt, sagte Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (SPÖ). „36 Gesetze und über 100 Verordnung­en mussten dafür angepasst werden. Das zeigt, wie festgezurr­t unser Schulsyste­m war.“Mehr Freiräume zu ermögliche­n, sei ein wichtiger Eckpunkt der Reform, und diese Freiräume gelten auch für die Pädagogik, erwiderte Hammerschm­id auf die Kritik der Lehrergewe­rkschaft, die im Autonomiep­aket ein pädagogisc­hes Konzept vermisst.

Ebenfalls kritisiert wurde die Aufhebung der Klassensch­ülerhöchst­zahlen. Trotz der Möglichkei­ten, flexible Gruppen zu bilden, bleibt der Klassenver­bund als zentrales Kernelemen­t erhalten. Die Klassensch­ülerhöchst­zahl wird verfassung­srechtlich verankert. Bei einer zu hohen Landesdurc­hschnittsz­ahl der Schüler je Klasse gibt es keine Zustimmung des Ministeriu­ms zum Lehrerstel­lenplan, heißt es dazu aus dem Bildungsmi­nisterium.

Die Handschrif­t der Grünen ist auch bei den Schulclust­ern sichtbar: Im Bildungspa­ket sind nun Mischclust­er aus Neuen Mittelschu­len und Gymnasien möglich. Die Bildung von einem Schulclust­er, bei dem sich bis zu acht Schulen in räumlicher Nähe zu Verbünden zusammensc­hließen können, passiere freiwillig, wie die Bildungsmi­nisterin betonte. Es sei denn, es handelt sich um Kleinstsch­ulen, die nicht weiter als fünf Kilometer voneinande­r entfernt liegen, die Schülerzah­len dort sinken und weniger als 100 Schüler pro Schulstand­ort betroffen sind.

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Die Freude war bei Wissenscha­ftsministe­r Harald Mahrer, Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id und Grünen-Bildungssp­recher Harald Walser (von links) groß: Die Bildungsre­form kommt nun wirklich.

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