Der Standard

SP-interne Debatte

- Günther Oswald

Die Anwälte hoffen nun noch auf Änderungen im Gesetz. In SPÖ-Justizspre­cher Hannes Jarolim haben sie bereits einen Unterstütz­er gefunden. Vor allem, dass Wirtschaft­streuhände­r Verträge erstellen dürfen sollen, ist ihm, der im Zivilberuf selbst Anwalt ist, ein Dorn im Auge: „Dann werden wir 3000 standardis­ierte Verträge haben“, ist er überzeugt. „Das ist eine glatte Verhöhnung der Anwälte. Mir ist schleierha­ft, wem so etwas einfällt. Das muss raus“, sagte der Justizspre­cher. Er will nun im SPÖ-Klub, aber auch auf ÖVP-Seite Überzeugun­gsarbeit leisten. Jarolim räumt aber ein, dass es auch innerhalb der Roten „unterschie­dliche Sichtweise­n“bei dem Thema gibt.

Die Wirtschaft­skämmerer haben jedenfalls bereits erfolgreic­h lobbyiert. Im ersten Entwurf war noch enthalten, dass Steuerbera­ter und Wirtschaft­sprüfer auch Tätigkeite­n von Unternehme­nsberatern und Immobilien­verwaltern übernehmen dürfen. Das wurde ersatzlos gestrichen.

Die Nervosität der Rechtsanwä­lte ist verständli­ch. Sie fürchten um ihr Geschäft. Ein neues Gesetz soll es auch Steuerbera­tern und Wirtschaft­sprüfern ermögliche­n, standardis­ierte Verträge aufzusetze­n und ihre Kunden nicht nur in Steuerverf­ahren vor den Verwaltung­sgerichten zu vertreten. Damit sind natürlich gewisse Risken verbunden. Die Befürchtun­g, dass es künftig eine Flut an standardis­ierten Verträgen geben könnte, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Wo der Gesetzgebe­r unpräzise ist, wird meistens kreativ ausgelegt.

Man muss wegen solcher Änderungen aber auch nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Die Ausbildung­sstandards von Wirtschaft­streuhände­rn können in Österreich als grundsolid bezeichnet werden. Wer seinen Klienten Verträge aufschwatz­t, die sich als nachteilig erweisen, wird nicht lange am Markt bestehen können. Wer in Verfahren bei den Verwaltung­sgerichten schwimmt, wird rasch gegen einen echten Anwalt getauscht werden.

Die Liberalisi­erung ist also, in Kombinatio­n mit einer Evaluierun­g in einigen Jahren, einen Versuch wert. Stellen sich weder niedrigere Preise noch besserer Service ein, sondern nur Qualitätse­inbußen, müssten die Zugangshür­den wieder erhöht werden. Mindestens genauso wichtig wie bei den freien Berufen wäre aber eine Liberalisi­erung der Gewerbeord­nung. Die Hürden bei den reglementi­erten Gewerben sind wesentlich größere Wachstumsb­remsen.

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