SP-interne Debatte
Die Anwälte hoffen nun noch auf Änderungen im Gesetz. In SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim haben sie bereits einen Unterstützer gefunden. Vor allem, dass Wirtschaftstreuhänder Verträge erstellen dürfen sollen, ist ihm, der im Zivilberuf selbst Anwalt ist, ein Dorn im Auge: „Dann werden wir 3000 standardisierte Verträge haben“, ist er überzeugt. „Das ist eine glatte Verhöhnung der Anwälte. Mir ist schleierhaft, wem so etwas einfällt. Das muss raus“, sagte der Justizsprecher. Er will nun im SPÖ-Klub, aber auch auf ÖVP-Seite Überzeugungsarbeit leisten. Jarolim räumt aber ein, dass es auch innerhalb der Roten „unterschiedliche Sichtweisen“bei dem Thema gibt.
Die Wirtschaftskämmerer haben jedenfalls bereits erfolgreich lobbyiert. Im ersten Entwurf war noch enthalten, dass Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auch Tätigkeiten von Unternehmensberatern und Immobilienverwaltern übernehmen dürfen. Das wurde ersatzlos gestrichen.
Die Nervosität der Rechtsanwälte ist verständlich. Sie fürchten um ihr Geschäft. Ein neues Gesetz soll es auch Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ermöglichen, standardisierte Verträge aufzusetzen und ihre Kunden nicht nur in Steuerverfahren vor den Verwaltungsgerichten zu vertreten. Damit sind natürlich gewisse Risken verbunden. Die Befürchtung, dass es künftig eine Flut an standardisierten Verträgen geben könnte, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Wo der Gesetzgeber unpräzise ist, wird meistens kreativ ausgelegt.
Man muss wegen solcher Änderungen aber auch nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Die Ausbildungsstandards von Wirtschaftstreuhändern können in Österreich als grundsolid bezeichnet werden. Wer seinen Klienten Verträge aufschwatzt, die sich als nachteilig erweisen, wird nicht lange am Markt bestehen können. Wer in Verfahren bei den Verwaltungsgerichten schwimmt, wird rasch gegen einen echten Anwalt getauscht werden.
Die Liberalisierung ist also, in Kombination mit einer Evaluierung in einigen Jahren, einen Versuch wert. Stellen sich weder niedrigere Preise noch besserer Service ein, sondern nur Qualitätseinbußen, müssten die Zugangshürden wieder erhöht werden. Mindestens genauso wichtig wie bei den freien Berufen wäre aber eine Liberalisierung der Gewerbeordnung. Die Hürden bei den reglementierten Gewerben sind wesentlich größere Wachstumsbremsen.