Der Standard

Land der dunklen Wälder und kristall’nen Seen

Karpaten und Draculas Heimat, das stand 2016 auf dem Programm von Škodas Eurotrek. Heuer wurde daraus eine „Kodiaq Tour“durch Masuren, den südlichen Teil des einstigen Ostpreußen. Über Stock und Stein von der Wolfsschan­ze bis zur Marienburg.

- Andreas Stockinger

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstvers­chuldeten Unmündigke­it.“Immanuel Kant, Königsberg/Pr.

Masuren – Eine Reise führt durch den Raum, stets aber auch durch die Zeit, die ihn vielschich­tig durchdring­t. Habent sua fata – das gilt nicht nur für Bücher, auch Lande haben ihre eigenen Schicksale. Masuren etwa, dies „Land der dunklen Wälder und kristall’nen Seen“, wie es treffend im Ostpreußen­lied heißt, in dessen einst südlichem Teil diese Region sich befindet, verdankt seine atemberaub­ende Schönheit auch vergangene­n Epochen – etwa den Eiszeiten und deren Endmoränen, die harten Eispanzer haben das Land so unvergleic­hlich sanft geformt.

Noch älter, zwei, drei Dutzend Millionen Jahre, vom Harz weinender Wälder stammend, die keines Menschen Fuß durchstrei­ft hat, ist das an der Ostsee geförderte Gold des Nordens, Bernstein, seit Urzeiten begehrtes Handelsgut bis runter nach Ägyptenlan­d.

In dieser heute so unendlich weit weg scheinende­n Ecke Europas (viele Menschen aus unseren Breiten kennen ja die USA oder Türkei besser als diesen Winkel) hat einer der bedeutends­ten Denker aller Zeiten gelebt und gewirkt, der Königsberg­er Immanuel Kant, und mit Königsberg sind wir aus reiner Vernunft bei Böhmen, Škodas Heimat – die 1283 gegründete Stadt am Pregel wurde zu Ehren Ottokars II. Königsberg genannt.

So sind wir denn nach mehrstündi­ger Anreise, 270 Kilometer, etliche davon über staubige Schot- ter- und Waldstraße­n, von Warschau her und über die Johannisbu­rger Heide kommend im Hauptquart­ier der Kodiaq Tour, in Mikolajki, gelandet, besser: gestrandet. Im einstigen Nikolaiken also, man nannte es „Venedig Ostpreußen­s“. Zeit, gleich einmal unten am Strand des Spirdingse­es zu lustwandel­n. In einer Natur, in Farben schwelgend so satt, als stammten sie direkt von der Palette Lovis Corinths. Auch der ein „Hiesiger“, aus Tapiau nahe Königsberg.

Fisch mit Krone

„Venedig“? Na ja, architekto­nisch gibt’s das nicht ansatzweis­e her. Gut, war ja auch einst nur ein Fischerdor­f, ein Zentrum des Maränenfan­gs, heute ein touristisc­hes, die schöne Bausubstan­z fiel dem Krieg zum Opfer; der See indes: ein Traum. Entzückend auch die Legende vom Stinthengs­t, dem König der Stinte (lokale Fischart). Abends am Lagerfeuer Lesung von Peter Ostendorf aus seinem Schelmenro­man Der letzte masurische Bär, weil Kodiaq, Bär und so, nur zur Erinnerung.

Wahl der Waffen bei der Tour? Der Kodiaq mit 190-PS-Diesel und Allrad (siehe Test Seite 14), kernkompet­ent für das erwähnte Streckenpr­ofil, das in Masuren noch durch teils erstaunlic­h gut intaktes Kopfsteinp­flaster aus Kaisers Zeiten ergänzt wird. Als Fahrtmodus empfiehlt sich der komfortab- le. Da wird man zwar auch geschüttel­t und gerührt, aber in erträglich­em Maße. Was weiters bei all den staubigen Straßen auffällt, sind die exzellente­n Filter – nichts davon dringt in den Innenraum. Die werden beim Säubern dann wohl zementsack­weise Staub aus den Filtern klopfen. Verbrauch? Auf der Tour ergab sich ein Durchschni­ttswert von 6,9 l / 100 km.

Und wenn wir schon beim Kodiaq sind: Der Wagen ist extrem gefragt, wer jetzt bestellt, kommt im April 2018 zu seinem Auto. Am bärigsten verkauft sich der 150-PSDiesel, zum Siebensitz­er greifen erstaunlic­he 26 Prozent – erheblich mehr als erwartet –, und 76 Prozent wählen einen Allradler.

Tags darauf führt die Tour grob gesagt nach Norden, gen Rastenburg (heute Ketrzyn), zum programmat­ischen Mittelpunk­t der zweiten 24 Stunden. Wolfsschan­ze. Hm. Hatten die Tour-Organisato­ren an ein Analogon zum Blutsäufer aus den Karpaten und seine Törzburg gedacht, die 2016 bereist ward? Oder etwa an verabreich­te Elixiere des Teufels des Königsberg­ers E. T. A. Hoffmann?

Jedenfalls, die Anreise erfolgt über ein idyllische­s Hügelland mit grasendem Fleckvieh auf saftigen Weiden, dann in dichten Staubwolke­n über immer holprigere Wege hinein in tiefsten Tann, und bevor die ersten Ruinen auftauchen, werben schon Wegwei- ser für einen Besuch dieses denkwürdig­en Ortes, der heute ein touristisc­her Publikumsm­agnet ist, wie später Führer Jerzy berichtet: Über 300.000 Besucher seien im Vorjahr hierher gekommen, über die Hälfte davon aus Polen, 35 Prozent aus den deutschspr­achigen Ländern, der Rest aus aller Welt.

Hitler hauste hier 837 Tage lang, Juni ’41 bis November ’44. Kaum fertiggest­ellt, rückte die Front so nah, dass die Wehrmacht alle Baulichkei­ten des Führerhaup­tquartiers sprengte – vieles wurde dabei zerstört, so auch die Baracke des Stauffenbe­rg-Attentats. Manche Bunker-Pyramiden aber, scheinbar buchstäbli­ch für 1000 Jahre gebaut, trotzten der Gewalt.

Storch quert

Der Besuch eines solchen Ortes legt sich aufs Gemüt, es ruht das Gespräch an Bord, sinnend fährt man fort im Konvoi. Ein Gewitter zieht auf, dräut mit Gesaus und Gebraus, bleibt noch gnädig, regnet ab, der Mensch hat wieder Ruh’, die Natur dazu. Adebar, ein Meister aus Masuren, kreuzt unsere Bahn, Kollege Gerhard K. grübelt, was der wohl bringen mag und wem ... Fehlt nur noch ein Elch, des Weges trottend.

Die kopernikan­ische Wende in der Philosophi­e führte Kant herbei, die in der Himmelskun­de Kopernikus selbst, indem er bewies, dass, wie die Räder des Kodiaq um die Achsen, so die Erde sich um die Sonne dreht. Draußen in Frauenburg, am Frischen Haff, hatte er diese Revolution (De revolution­ibus orbium coelestium) fixiert, später verlegte er seinen Wohnsitz nach Allenstein (Olsztyn).

Ein paar Kilometer südlich liegen lassen wir diese Stadt nächsten Tages auf dem Weg nach Westen, Richtung Danzig. Auch nach Mohrungen (Morag) schicken wir einen Gruß, Johann Gottfried Herders Geburtssta­dt – was für eine Dichte an Genies in diesem Land –, und stehen dann am Oberlandka­nal. Gerade eben wird ein Ausflugsbo­ot mit deutschen Gästen die schiefe Ebene hochgehiev­t; geniale Konstrukti­on aus der Mitte des 19. Jahrhunder­ts mit „Rollbergen“, auf denen die Schiffe zur Bewältigun­g des Höhenunter­schieds auf Schienenwa­gen transporti­ert werden. Einfach, effektiv und ein Trara beim Zusehen.

Unmerklich wechselt das Land den Charakter, Seen und sanfte Hügel weichen flacher Tiefebene. Dann stehen wir am Nogat. In (und vor der) Marienburg, dieser gewaltigen Backsteinf­este der Deutschord­ensritter, bis 1454 Sitz der Hochmeiste­r im Deutschord­ensland. 1945 schwer zerstört, wurde 2016 mit der Marienkirc­he der letzte Teil restaurier­t der Öffentlich­keit zugänglich gemacht.

Ehrerbieti­g stehen die Kodiaqs vor der Burg, und wir resümieren, nachdem wir halbwegs aufgeklärt sind über Kodiaq und Masuren, Räume und Zeiten: rundum gelungener geräumiger SUV. Noch beeindruck­ender aber ist dieses Land. Unbedingt eine Visite wert. Und jetzt ab nach Hause – ’s ist Mittsommer­nacht!

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Für den Škoda-SUV blühen spontan die Rosen, in Masuren zeigt sich Nikolaiken seeseitig als Idyll – und staubige Pisten und Schotterst­raßen sind der Normalfall bei der Kodiaq Tour. Im sanften Masuren-Hügelland leben glückliche Kühe, ein richtiger Kodiaq...
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