Der Standard

Doktor und Parkplatzs­treit

Eine vorweihnac­htliche Stellplatz­suche führt vor Gericht

- Michael Möseneder

Wien – Es war kurz vor Weihnachte­n, als bei Daniel K. eine „Parkplatzs­uche aus der Bahn gelaufen ist“, wie es sein Verteidige­r Bernhard Folta ausdrückt. Nicht nur bei K., neben ihm sitzt vor Richterin Martina Hahn Natalia C., die ebenso auf den freien Stellplatz spitzte. Für sie skizziert Verteidige­r Ernst Schillhamm­er die Situation so: „Man zuckt halt aus, und dann tut es einem sofort leid.“

K. sah am fraglichen Tag einen Ausparkend­en, fuhr vorbei und stellte sich parallel zum Wagen davor. „Dann ist von hinten ein großer BMW gekommen und hat geblinkt“, schildert der 46-Jährige. „Die will mir meinen Parkplatz klauen! Das geht doch nicht!“, sei ihm durch den Kopf gegangen.

Seine Frau stieg aus und ging der Kontrahent­in entgegen, um den temporären Besitzansp­ruch an der Lücke zu kommunizie­ren. „Plötzlich ist sie geschwankt, sie muss angefahren worden sein!“, beobachtet­e der Erstangekl­agte.

Er sprang aus seinem Auto und trat der Gegnerin eine Delle in die Fahrertür. Die Reihenfolg­e in seinem Gedankenga­ng, der ihn zur Aggression verleitete, ist bemerkensw­ert: „Mein Parkplatz! Meine Frau!“, dachte er sich, wie er sagt.

Zweitangek­lagte C. gibt auch zu, die Gattin des Gegners genötigt zu haben, beteuert aber, nur auf sie zugerollt zu sein und sie nicht berührt zu haben. Der 45-Jährigen geht es vor allem darum, dass sie die Reparaturk­osten von 3306,28 Euro ersetzt bekommt.

Hahn sieht keine besonders schwere Schuld und entscheide­t sich für eine Diversion für die beiden Unbescholt­enen. K., der zwischen 4000 und 5000 Euro netto im Monat verdient, muss nicht nur den Schaden ersetzen, sondern innerhalb von sechs Monaten auch eine Geldbuße von 4000 Euro zahlen. Für C., die von Alimenten in Höhe von 3000 Euro für sich und ihren Sohn lebt, werden es viereinhal­b Wochen gemeinnütz­ige Leistungen im nächsten halben Jahr.

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