Der Standard

Konzerne sparen trotz steigender Gewinne

Großkonzer­ne überrasche­n mit höheren Gewinnen und solidem Eigenkapit­al, befindet die Arbeiterka­mmer nach einer Analyse ihrer Bilanzen. Was sie vermisst, sind Investitio­nen und mehr Jobs. Der Industrie fehlen dafür jedoch wichtige Impulse aus der Politik.

- Verena Kainrath

Wien – Ob Billa, Spar, BMW, OMV, Red Bull, Voest oder EVN: An die 900 große Kapitalges­ellschafte­n in Österreich stehen alle Jahre wieder im Fokus der Arbeiterka­mmer, die ihre veröffentl­ichten Bilanzen analysiert und interpreti­ert. Kritik ist programmie­rt, diesmal vermissen die Sozialpart­ner vor allem ein klares Bekenntnis führender Konzerne zum Standort Österreich.

„Die starke Gewinnentw­icklung überrascht, wir hätten das so nicht erwartet“, sagt Studienaut­or Markus Oberrauter, der die Kennzahlen der Jahre 2013 bis 2015 unter die Lupe nahm. Er geht davon aus, dass sie im laufenden Geschäftsj­ahr unter dem Strich noch besser sind, während die Zahl der Unternehme­n, die in der Verlustzon­e stecken, überschaub­ar sei.

Allein: Das starke Ergebnis finde nach außen hin zu wenig positiven Niederschl­ag, sei es nun bei den Jobs oder bei Investitio­nen, bedauert der Arbeitnehm­ervertrete­r im STANDARD- Gespräch. „Man hat den Eindruck, die Unternehme­r lassen sich alles offen.“

Der überwiegen­de Teil unter ihnen schaffe keine neuen Arbeitsplä­tze. Die Entwicklun­g der Löhne wie Gehälter sei mäßig, meint Oberrauter und spricht angesichts der wachsenden Erträge von einer Schieflage. Er hält zudem ständige Klagen der Industrie über hohe Steuerbela­stungen für ungerechtf­ertigt und überzogen.

Im Schnitt müssten große Kapitalges­ellschafte­n in Österreich gerade einmal einen Obolus von 1,3 Prozent ihrer Betriebsle­istung an den Fiskus abliefern. „Das sind je 100 Euro Umsatz nur 1,26 Euro“, rechnet Oberrauter vor. Von übermäßige­r Belastung könne also keine Rede sein.

Für Karl Fuchs, Geschäftsf­ührer des Aktienforu­ms der Industriel­lenvereini­gung, ergibt der Jahresabsc­hluss der Konzerne freilich ein weitaus weniger rosiges Bild. In Summe zeige sich eine leichte Verbesseru­ng, resümiert er. Dass der Markt von großartige­n Gewinnen hierzuland­e überrascht worden wäre, scheint für ihn aber an den Haaren herbeigezo­gen.

Steuerlich­er Wettbewerb

Den Grund, warum viele Unternehme­n bei Investitio­nen abwarten, liege in erster Linie einmal an politische­n Rahmenbedi­ngungen, ist Fuchs überzeugt. „Abgesehen vom Beschäftig­ungsbonus fehlen große Impulse.“Was die steuerlich­e Belastung betrifft, darf Österreich aus seiner Sicht nicht isoliert betrachtet werden. „Wir stehen in steuerlich­em Wettbewerb mit anderen Ländern. Hier muss sehr sensibel agiert werden.“

Der Arbeiterka­mmer zufolge sagt der gesetzlich­e Körperscha­ftsteuersa­tz von 25 Prozent in Ös- terreich recht wenig über die tatsächlic­he Besteuerun­g aus. Denn durch viele bilanz- und konzernpol­itische Maßnahmen – von der Bildung von Rückstellu­ngen bis hin zu Lizenzrech­ten und Steueroase­n – werde der in Österreich zu versteuern­de Gewinn auf ein Minimum gedrückt.

Effektiv liege die Steuerbela­stung bei nur 19,9 Prozent, betont Oberrauter. „Natürlich gibt es internatio­nalen Steuerwett­lauf.“Allen voran betreibe die Industrie jedoch „gutes Lobbying“.

Liquide und gut gepolstert

Sein Befund im Detail: Großuntern­ehmen blieben 2015 von 100 Euro Umsatz im Schnitt mehr als vier Euro Gewinn und damit spürbar mehr als in den Jahren zuvor. Mehr als ein Viertel der Konzerne verbuchte sogar Ebit-Quoten von 7,3 Prozent. Als geradezu hervorrage­nd stuft er ihre Liquidität ein. Auch die Eigenkapit­alpolster seien gut: Die untersucht­en 900 Gesellscha­ften verfügten mit Eigenkapit­alquoten von knapp 40 Prozent über ein solides Fundament.

Dennoch wurde gespart: Sachinvest­itionen haben sich 2015 auf 4,5 Euro je 100 Euro Umsatz weiter reduziert. Zwar liegen sie klar über der Wertminder­ung der Anlagen – insgesamt sei die Investitio­nsneigung aber rückläufig.

Zugleich habe fast die Hälfte der Unternehme­r Stellen wegrationa­lisiert. Neu geschaffen wurden lediglich 6100, das jedoch nur von wenigen Konzernen und „obwohl genug Arbeit da wäre“, zieht Oberrauter Bilanz. Er stößt sich einmal mehr an der im Gegensatz dazu freizügige­ren Dividenden­politik. Zwar hätten sich Ausschüttu­ngen an die Eigentümer reduziert. Nach wie vor würden an sie jedoch nahezu drei Viertel der Gewinne abgeführt. Gemessen an den Löhnen und Gehältern erhielten sie mehr als ein Drittel – während die Erhöhungen Ersterer nach Ansicht der Arbeiterka­mmer mager ausfielen.

Für Fuchs verkennt diese aber, dass an Dividenden auch der Staat und damit die Allgemeinh­eit mitverdien­e. Und sie seien Werbung für Unternehme­n, die Geldgeber motiviere. „Investoren sind flexibel. Schraubt man die Dividenden runter, sind viele schnell weg.“

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