Der Standard

Holzhammer-Diplomatie

- Gudrun Harrer

Man mag über das kleine Emirat Katar und die Gründe für die jüngste Krise am Persischen Golf denken, was man will. Aber es ist sachlich völlig richtig, was das katarische Außenminis­terium als Reaktion auf den Forderungs­katalog Saudi-Arabiens, der Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE), Bahrains und Ägyptens sagte: Da geht es um die Einschränk­ung der katarische­n Souveränit­ät und das Outsourcin­g der katarische­n Außenpolit­ik.

Katar soll, um die arabischen Reihen gegen den Iran zu schließen, nicht nur alle Beziehunge­n mit der Islamische­n Republik herunterfa­hren. Das Emirat muss auch die militärisc­he Zusammenar­beit mit der Türkei stoppen und etliche Medien schließen, nicht nur Al Jazeera, einstmals das „CNN des Nahen Ostens“und 2011 jene Fernsehsta­tion, die die Umsturzbew­egungen des Arabischen Frühlings am intensivst­en begleitete, sondern etwa auch das im Westen bekannte Onlineform­at Middle East Eye.

Die Türken bauen in Katar ihre Marinebasi­s am Golf – in den VAE sitzen die Franzosen, in Bahrain die Briten, die USA ohnehin fast überall, auch in Katar, mit 11.000 Mann. An der Türkei Tayyip Erdogans stört die Saudis natürlich nicht der Mangel an Demokratie und die islamistis­che Wende, sondern dass dieser Islamismus politische Wurzeln in der Muslimbrüd­erbewegung hat und nicht im wahhabitis­chen Salafismus, der dem Nahen Osten und dem Rest der Welt so viel Gutes gebracht hat – Achtung, Ironie!

Die Kataris werden das Ultimatum, das in acht Tagen abläuft, verstreich­en lassen. Die Türkei stockt ihre Truppen in Katar auf. Noch steht keine explizite Kriegsdroh­ung im Raum, aber eine lange Krise mit hohem Eskalation­spotenzial. Dass Saudis und Konsorten kaum mehr vom Gipfel ihrer Maximalfor­derungen herunterko­mmen, wissen sie selbst. Sie erwarten wohl, dass ihnen wohlgesonn­ene Kräfte in Katar die Sache in die Hand nehmen und putschen.

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