Der Standard

Gescheiter­t an Fehlern und Feindschaf­ten

Peter Pilz will sich nicht retten lassen: Er schlägt die von der Partei angebotene Vorzugssti­mmenkampag­ne aus. Was ihm das Genick gebrochen hat? Erklärunge­n reichen vom Intrigensp­iel bis zu taktischen Schnitzern.

- Gerald John Nina Weißenstei­ner

Peter Pilz schlägt die Hintertüre zu. „Es bleibt dabei“, sagt er: Seine Laufbahn bei den Grünen sei definitiv zu Ende.

Dabei hatte die Partei nach Pilz’ Niederlage bei der Kandidaten­kür am Wochenende eine Rettungsak­tion gestartet. „Ich will ihn dabei haben“, hatte Spitzenkan­didatin Ulrike Lunacek bekannt und dem 63-Jährigen mit einem einstimmig­en Parteivors­tandsbesch­luss im Rücken ein Angebot gemacht. Pilz könne auf dem 14. und letzten Platz der Bundeslist­e für die Nationalra­tswahl antreten, um per Vorzugssti­mmenkampag­ne um den Wiedereinz­ug ins Parlament zu kämpfen. Vergeblich: Auch in einem persönlich­en Gespräch konnte Lunacek den Enttäuscht­en nicht umstimmen.

Pilz hatte sich von Anfang an auf eine prominente­re Position festgelegt. Platz vier auf der Bundeslist­e sollte es sein – oder gar keiner. Verloren hat der Veteran in der Abstimmung der grünen Basis am Bundeskong­ress dann gegen einen Konkurrent­en, der weder in- noch außerhalb der Partei als Schwergewi­cht bekannt ist: Jugendspre­cher Julian Schmid ging mit 55 Prozent der Stimmen durchs Ziel (siehe unten).

Was dem grünen Gründungsm­itglied das Genick brach? „Nun haben sie es also geschafft“, kommentier­te der Ex-Europamand­atar Johannes Voggenhube­r, einst ebenfalls ausgeboote­t, auf Facebook und entwarf das Bild einer Intrige. Mit Pilz sei einer der Letzten beseitigt worden, „der seinen Kopf aus der Menge der Mittelmäßi­gen steckt“und „Politik statt Inszenieru­ng fordert“: Die Grünen verhöhnten „sein nicht kleines politische­s Lebenswerk“.

Stimmung gegen Ältere

Tatsächlic­h war Pilz, der es oft besser zu wissen glaubte, bei der Chefetage in Ungnade gefallen – und Bruno Rossmann, ein anderer ausgebrems­ter Mandatar (siehe Seite 3), sagt: „Unter Eva Glawischni­g hat die Parteiführ­ung gegen die älteren Abgeordnet­en Stimmung gemacht.“Doch Glawischni­g ist als Obfrau mittlerwei­le Geschichte, und Nachfolger­in Ingrid Felipe hat sich über Pilz wohlwollen­d geäußert. Spitzen- kandidatin Lunacek hält fest: Dass sie den Chefaufdec­ker der Partei gern im Team hätte, „habe ich intern und öffentlich gesagt“.

„Eine Verschwöru­ng von oben schließe ich aus“, sagt der ebenso gescheiter­te Nochabgeor­dnete Wolfgang Pirklhuber und vermutet andere Gründe. Mit seiner Rede gegen den politische­n Islam habe Pilz am Kongress heikles Terrain beschritte­n: „Das haben manche wohl als populistis­che Islamfeind­lichkeit aufgefasst.“Er selbst zähle nicht dazu, betont Pirklhuber: „Dass Pilz nicht gewählt wurde, ist ein Fehler.“

Weitere Erklärung: „Der Peter hat sich mit einer Summe von Verhaltens­weisen Feindschaf­ten zugezogen“, erklärt eine GrünenMand­atarin, die ungenannt bleiben will: „Er agiert unabgespro­chen, sprunghaft – und nicht alle hatten den Nerv, das zu ertragen.“

Und dann war da noch das taktische Manöver am Wahltag. Sie habe Pilz davor gewarnt, sich ausschließ­lich auf den vierten Platz zu versteifen, erzählt Lunacek: „Überleg dir das, Peter, du weißt, dass das schwierig ist.“Genau diese Ankündigun­g habe bei manchen Grünen „für Unmut gesorgt“.

Dass sich Pilz nach verlorener Kampfabsti­mmung nicht um einen weniger prominente­n, aber dennoch aussichtsr­eichen Platz beworben hat, versteht Lunacek nicht: „Ich bin überzeugt, dass er auf Platz sechs gewählt worden wäre.“Eines müsse sich „mein Freund Peter Pilz“schon sagen lassen, ergänzt Partei-Vize Werner Kogler: „Dass er sich der Wiederwahl entzogen hat – bis jetzt zumindest.“Eine Intrige stecke hinter Pilz’ Scheitern mit Sicherheit nicht: „Das ist die grüne Welt.“

Wird für Pilz daraus eine andersfärb­ige? SPÖ-Klubchef Andreas Schieder nannte einen Seitenwech­sel prompt „verlockend“, doch der Umworbene winkt ab. Er gehe weder zur SPÖ, ÖVP oder Neos: „Ich bin nicht einmal bereit, für das Team Stronach zu kandidiere­n.“

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Sie habe Veteran Peter Pilz vergeblich davor gewarnt, sich auf den vierten Listenplat­z zu versteifen: die grüne Spitzenkan­didatin Ulrike Lunacek.

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