„Viele Junge fühlen sich von mir vertreten“
Sein Name steht vor allem für grelle Werbeplakate und Badehosenfotos. Nun hat Julian Schmid von den grünen Delegierten mehr Stimmen erhalten als Polit-Promi Peter Pilz.
Standard: In den letzten vier Jahren hat man wenig von Ihrer Arbeit im Parlament bemerkt. Warum? Schmid: Wenn Sie junge Menschen fragen, sehen die das eher nicht so. Ich war extrem viel unterwegs, zu Diskussionen in Schulen, mit Jugendorganisationen. Da kennen mich sehr viele.
Standard: Wenn es nur um Zielgruppen-PR geht, müssten Sie nicht im Parlament sitzen. Schmid: Doch. Weil ich in vielen Ausschüssen sehr aktiv an Verbesserungen arbeite. Ich bin dran an den Maklergebühren, ich will, dass sie wegfallen.
Standard: Junge Menschen sind vielfältig – vom Millionärskind bis zum minderjährigen Flüchtling. Was ist die gemeinsame Klammer? Schmid: Ich weiß nicht, ob es in den letzten Jahren Politiker in Österreich gegeben hat, die mit mehr jungen Menschen in Kontakt waren als ich. Da habe ich ein Grundgefühl verstanden: Meine Generation ist aufgewachsen mit Finanzkrise, prekären Jobs, Klimawandel. Das hat sich eingeprägt.
Standard: Was bieten Sie Menschen mit diesem Grundgefühl? Schmid: Es braucht einen starken Sozialstaat. Eine Grundsicherung, die nicht Falle, sondern Sprungbrett ist. Kinderbetreuung, ein Schulsystem, das Chancen bietet. Standard: Viele Jungwähler sympathisieren mit der FPÖ. Wie wollen Sie sie vom Gegenteil überzeugen, etwa wenn Sie als Schnupperlehrling in Betrieben tätig sind? Schmid: Ich mache die Schnupperlehre nicht, um zu überzeugen. Ich bin dort, um zu verstehen, wie es den Lehranfängern geht. Ich bin mir bewusst, dass ich Matura und ein Studium gemacht habe. Darum ist es mir ein Anliegen, zu erfahren, was ein Schnupperlehrling die erste Woche lernt.
Standard: Gibt es bei den Grünen denn keine Funktionäre, die selbst eine Lehre gemacht haben und nicht erst schnuppern müssten? Schmid: Doch, gar nicht so wenige. Ich habe viel drüber nachgedacht, warum Lehrlinge von grüner Politik noch nicht so überzeugt sind. Ich sage: Das muss nicht so sein. Umweltpolitik ist der Jobmarkt der Zukunft.
Standard: Werden Sie weniger Grünen-kritisch sein als Peter Pilz? Schmid: Peter Pilz war immer ein Vorbild von mir. Es ist bedauerlich, dass er nicht weiter kandidiert. Ich bin sicher, er hätte den sechsten Listenplatz gekriegt.
Standard: Ihr Name wird mit unfreiwillig komischen PR-Maßnahmen assoziiert, etwa einem Badehosenfoto. Muss jugendspezifischer Wahlkampf peinlich sein? Schmid: Das ist nicht peinlich, das ist nur anders. Viele Vertreter älterer Generationen können das nicht nachvollziehen, auch in den Medien. Dazu kommt, dass junge Menschen andere Medienkanäle als die klassischen Zeitungen nutzen. Ich habe immer darauf geschaut, dass ich zeitgemäß kommuniziere. Meine Parlamentsrede zum Thema ist 300.000 Mal angeschaut worden. Ich glaube, viele Junge fühlen sich von mir vertreten, weil ich nicht wirke wie ihre Eltern und Lehrer.
JULIAN SCHMID (28) ist Abgeordneter zum Nationalrat und tritt am 15. Oktober am 4. Platz der grünen Bundesliste an. Langfassung: derStandard.at/Inland