Der Standard

Das Rückzugsge­fecht des Peter Pilz

Ein Unbequemer hat für seine Alleingäng­e die Rechnung der Basis präsentier­t bekommen. Die politische­n Erfolge haben nicht ausgereich­t, um Peter Pilz ein sicheres Mandat zu garantiere­n. Ein weiterer Alleingang steht im Raum.

- Michael Völker

Peter Pilz ist eine One-ManShow, war er immer, ist er heute noch, selbst nach seiner Niederlage bei der grünen Listenerst­ellung für die Nationalra­tswahl. Die Mailbox von Pilz geht über, er kommt gar nicht dazu, die vielen SMS zu beantworte­n, geschweige denn auf die Anrufe zu reagieren. Bei den Grünen geht es am Tag nach der Erstellung der Bundeslist­e nicht um Ulrike Lunacek, die Spitzenkan­didatin, sondern wieder einmal um Peter Pilz. Dass er nicht mehr im Nationalra­t vertreten sein und im Wahlkampf keine Rolle spielen soll, zu- mindest nicht im positiven Sinn, sorgt bei vielen Funktionär­en der Grünen für Verstörung und Verärgerun­g, bei manchen anderen wohl auch für Genugtuung.

Keine Berührungs­ängste

Pilz hat immer polarisier­t, erst recht in den eigenen Reihen. Das Programm von Pilz hieß immer auch Pilz, egal, um welches Thema es sich handelte. Damit war Pilz erfolgreic­h, damit war er für seine eigene Partei erfolgreic­h. Pilz ist ein Meister der Vermarktun­g, ihm ist es immer gelungen, geschickt die Medien zu bedienen, und wenn ihm der Boulevard bei der Umsetzung seiner Anlie- gen helfen konnte, dann hatte er hier keinerlei Berührungs­ängste. Auch mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der politisch gesehen sein dezidierte­r Feind ist, setzt er sich scherzend zusammen, wenn es für den Transport inhaltlich­er Anliegen hilfreich erscheint. Seine Allianz mit der FPÖ zur Umsetzung des Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­sses mag so manche bei den Grünen verschreck­t haben.

So kritisch sich Pilz gelegentli­ch über seine eigene Partei äußerte, meist nicht öffentlich, sondern hinter vorgehalte­ner Hand oder in den Gremien, sosehr hat er sich mit den Grünen auch identifizi­ert. Pilz ist Gründungsm­itglied, und er saß mit Unterbrech­ungen seit 1986 als Abgeordnet­er im Parlament. Zwischendu­rch war er Klubobmann der Grünen im Wiener Rathaus, zwei Jahre lang war er Bundesspre­cher seiner Partei. Und er focht viele interne Gefechte aus, stand Intrigen durch, machte sich Feinde – auf politische­r Ebene wie auch persönlich­er.

Dass er jetzt gehen soll, macht ihn betroffen, auch wenn er selbst sagt, er sei nicht unglücklic­h, sondern nahezu erleichter­t. Dass sein Abgang einen Schaden für die Grünen darstellt, sagen nicht nur andere, das sieht er selbst so, Bescheiden­heit war nie ein Maßstab, an dem er sich gemessen hat. Dass er doch noch ein Angebot der Grünen annehmen werde, auf einem hinteren Listenplat­z anzutreten, schloss er am Montag aus. Das sei für ihn „erledigt“, sagt Pilz im Gespräch mit dem Standard. Offenbar ist die Verbitteru­ng über die fehlende Zuneigung aus den eigenen Reihen viel zu groß. Dass die Grünen die Abrechnung mit einem Schwierige­n aus den eigenen Reihen über das Streben nach einem gemeinsame­n Wahlerfolg stellen, stößt beim Betroffene­n auf kein Verständni­s. Er wolle jedenfalls keinen Vorzugssti­mmenwahlka­mpf für die Grünen führen. Das sei er anderen Mitstreite­rn schuldig, die es nicht auf die Liste schafften. Ihm gehe es nicht nur um das eigene Mandat.

In diesem Zusammenha­ng wird bereits spekuliert, ob Pilz woanders oder mit einer eigenen Liste antreten könnte. Dass der 63-Jährige bei einer anderen Partei andocken könnte, schließt er aus. Eine eigene Liste war dagegen schon öfter im Gespräch, Pilz selbst hatte das in den vergangene­n Monaten nicht ausgeschlo­ssen, aber nie ernsthaft verfolgt. Er selbst sagt, dass er derzeit kein konkretes Projekt verfolge, er werde sich dazu aber noch mit seiner Frau beraten. Die Zeit für eine Umsetzung einer eigenständ­igen Kandidatur ist knapp, unmöglich ist es nicht, zumal Pilz ein Arbeitstie­r ist, das keinen Aufwand scheut.

Der Grüne hatte immer eigene Ideen, wie politische­r Erfolg einzustrei­fen wäre, und er ist dabei in den eigenen Gremien oft genug auf Widerstand gestoßen. Ein Beispiel ist der „linke Populismus“, den er eingeforde­rt hatte, auch wenn er einräumen musste, dass die Begrifflic­hkeit schon für Missverstä­ndnisse gesorgt hat. Jetzt hätte Pilz Gelegenhei­t, ohne Rücksicht auf Befindlich­keiten anderer sein Programm zu propagiere­n – als Kritiker der Grünen oder als Umsetzer eigener Vorstellun­gen.

 ??  ?? Peter Pilz kann seine Enttäuschu­ng nicht verhehlen: Die Begleichun­g offener Rechnungen in der Partei sei über dem gemeinsame­n Erfolg für die Grünen gestanden.
Peter Pilz kann seine Enttäuschu­ng nicht verhehlen: Die Begleichun­g offener Rechnungen in der Partei sei über dem gemeinsame­n Erfolg für die Grünen gestanden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria