Der Standard

May will kriminelle EU-Bürger loswerden

Wer fünf Jahre in Großbritan­nien gelebt hat und unbescholt­en ist, kann bleiben, sagt Premiermin­isterin Theresa May. Die Absprache mit den nordirisch­en Unionisten ist unter Dach und Fach.

- Sebastian Borger aus London

Premiermin­isterin Theresa May will den Aufenthalt­sstatus der gut drei Millionen in Großbritan­nien lebenden EU-Bürger mit der Abschiebun­g kriminelle­r Ausländer verknüpfen. Die konservati­ve Regierungs­chefin stellte am Montag im Unterhaus Details ihres „umfassende­n und großzügige­n Angebotes“vor, das beim EU-Gipfel vergangene Woche auf erhebliche Skepsis gestoßen war. Wer fünf Jahre auf der Insel verbracht hat, soll auch zukünftig – bis aufs Wahlrecht – britischen Staatsbürg­ern gleichgest­ellt werden. „Wir wollen, dass Sie bleiben“, sagte May an die Betroffene­n gerichtet. „Schwerkrim­inelle und Rückfalltä­ter“sollen von der Regel aber ausgenomme­n bleiben.

Kurz vor der Sitzung des Unterhause­s hatte die konservati­ve Parteichef­in jene Gespräche erfolgreic­h beendet, die ihre unmittelba­re politische Zukunft betrafen: Mit der Vorsitzend­en der unionistis­chen DUP, Arlene Foster, unterzeich­nete sie ein Kooperatio­nsabkommen, wonach die zehn nordirisch­en DUP-Abgeordnet­en die konservati­ve Minderheit­sregierung bei wichtigen Abstimmung­en unterstütz­en. Im Gegenzug soll der zum Vereinigte­n Königreich gehörende Norden der irischen Insel zusätzlich eine Milliarde Pfund (1,14 Milliarden Euro) aus London bekommen. Die Auszahlung ist an die Bildung einer Regionalre­gierung gebunden, die seit Monaten auf Eis liegt.

Damit gibt es nun sowohl in puncto Regierungs­abkommen als auch bei den Rechten der EU-Bürger mehr Klarheit. Seit dem Brexit-Referendum wurde immer wieder heftig über den zukünftige­n Status der mehr als drei Millionen EU-Bürger gefeilscht. Erst am Freitag erklärte der frühere Finanzmini­ster und May-Erzfeind George Osborne, die frühere Innenminis­terin sei für die schwierige Situation mitverantw­ortlich.

May zuvor gegen Bleiberech­t

Unmittelba­r nach der Volksabsti­mmung habe der damalige Premiermin­ister David Cameron den EU-Bürgern das Bleiberech­t zusichern wollen. „Das ganze Kabinett stimmte überein, bis auf die Innenminis­terin, die darauf bestand, den Vorschlag abzulehnen“, hieß es in einem Kommen- tar des Londoner Evening Standard, als dessen Chefredakt­eur Osborne mittlerwei­le amtiert.

Der Regierung zufolge soll das bisherige, erst kürzlich von 85 auf einige Dutzend Seiten abgespeckt­e Antragsfor­mular für den „permanente­n Aufenthalt“bald der Vergangenh­eit angehören. Diese Hürde hatte bei vielen EU-Ausländern für Verwirrung und Ärger gesorgt, zumal das schlecht organisier­te Innenminis­terium in Einzelfäll­en unbescholt­ene Bürger zur Ausreise auffordert­e.

Um Unruhe unter EU-Bürgern vorzubeuge­n, weisen Offizielle schon seit längerem darauf hin, dass sich für Langzeitmi­granten vom Kontinent durch den Brexit nichts ändern werde. „Sie genießen die gleichen Rechte auf So- zialunters­tützung, Gesundheit­sversorgun­g und Rente wie britische Staatsbürg­er“, bestätigt May. Wie bisher zahlen EU-Bürger ihre Steuern im Land und dienen als Geschworen­e bei Gericht. Einbüßen sollen sie ihr Kommunalwa­hlrecht, bei Unterhausw­ahlen und Volksabsti­mmungen durften sie schon bisher nicht mitstimmen.

Die Abschiebun­g kriminelle­r Ausländer war im Referendum­skampf von den EU-Feinden zum Problem erklärt worden. Tatsächlic­h scheiterte die Rückführun­g von Schwerverb­rechern immer wieder an europäisch­er Rechtsprec­hung und deren Interpreta­tion durch britische Gerichte. So wurden 2015 laut britischem Innenminis­terium nur 44 Verurteilt­e in EU-Länder abgeschobe­n.

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Theresa May präsentier­te am Montag Details zu ihren Vorstellun­gen, welche Rechte EU-Bürgern nach dem Brexit haben werden.

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