Der Standard

„Es bleibt eine potenziell tödliche Erkrankung“

Die Malariagef­ahr in einem Land ändert sich. Deshalb sollten sich Reisende individuel­l beraten lassen, rät Tropenmedi­ziner Stefan Winkler von der Med-Uni Wien und hat Tipps zum Umgang mit den Risiken.

- Karin Pollack

INTERVIEW:

Standard: Sommerzeit ist Reisezeit, und nicht wenige Menschen verbringen heutzutage ihren Urlaub in fernen Ländern. Gerade in tropischen Gefilden kann jedoch Malaria auftreten. Welche Gefahr droht Touristen dadurch? Winkler: Malaria ist nach wie vor eine der am weitesten verbreitet­en Tropenerkr­ankungen, vor allem in Afrika südlich der Sahara. Und es ist vor allem eine potenziell tödliche Krankheit. Zwar hat es hinsichtli­ch der Fallzahlen bei Malaria weltweit in den letzten Jahren einen deutlichen Rückgang gegeben, aber wer in ein malariaver­seuchtes Gebiet fährt, muss sich genau über die Lage vor Ort informiere­n. Klimatisch bedingt kann sich das Malariaris­iko regional auch verändern. In den Ferienklub­s der Dominikani­schen Republik zum Beispiel hat es vor mehreren Jahren unerwartet eini- ge Fälle gegeben. Diese Orte galten vorher als malariafre­i.

Standard: Früher hat man Medikament­e wie Lariam prophylakt­isch geschluckt. Ist das noch üblich? Winkler: In stark befallenen Gebieten ist eine solche Prophylaxe auf jeden Fall empfehlens­wert. Allerdings ist Lariam inzwischen in den Hintergrun­d getreten, weil es auch nach der Reise noch lange eingenomme­n werden muss und als Nebenwirku­ng psychische Störungen verursache­n kann. Malarone ist heute eher das Mittel der Wahl. Man kann es schon eine Woche nach der Rückkehr absetzen, und es lässt sich auch als Notfallmed­ikament bei einem akuten Krankheits­ausbruch während der Reise einsetzen. Zur regulären Behandlung von Malaria verwenden wir heute jedoch Artemisin-Kombinatio­nspräparat­e. Die wirken schneller.

Standard: Wie sollte man sonst noch mit dem Infektions­risiko umgehen? Winkler: Mit Insektizid­en imprägnier­te Bettnetze und mückenabwe­hrende Mittel sind sehr wichtig. Ob man zusätzlich noch Medikament­e einnimmt, hängt eben von der lokalen Situation ab. Man sollte sich deshalb unbedingt von Experten beraten lassen. Wichtig ist auch die korrekte Diagnose, falls jemand erkrankt. Bei Kurzaufent­halten in Risikoregi­onen ist zu beachten: Innerhalb einer Woche können sich noch keine Malariasym­ptome entwickeln.

Standard: Gibt es Personen, denen Sie von Reisen in Malariageb­iete unbedingt abraten würden? Winkler: Schwangere Frauen sind besonders gefährdet. Der Erreger bedroht den Fötus. Im Falle einer Infektion kann es zu einer Frühgeburt oder schweren gesundheit­lichen Schäden beim Kind kommen. Auch Säuglinge sind sehr anfällig für einen schweren Krankheits­verlauf. Bei ihnen gibt es die meisten Todesfälle.

Standard: Welche neuen Möglichkei­ten zur Malariabek­ämpfung sind Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren zu erwarten? Winkler: Es wird intensiv daran gearbeitet, einen Impfstoff zu entwickeln, und da gibt es durchaus Fortschrit­te. Anderersei­ts treten bei Malariastä­mmen leider immer mehr Resistenze­n auf, sogar gegen Artemisin. Da muss man am Ball bleiben und vor allem mit Kombinatio­nspräparat­en aus mehreren Wirkstoffe­n arbeiten. Abgesehen davon müssen stets ausreichen­d hohe Dosierunge­n verabreich­t werden. Bei zu geringen Konzentrat­ionen können die Erreger überleben und sich anpassen.

STEFAN WINKLER ist Infektiolo­ge und Experte für Tropenmedi­zin an der Universitä­tsklinik für Innere Medizin I an der Med-Uni Wien / AKH.

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Foto: privat Infektiolo­ge Winkler: „Auf die Lage vor Ort kommt es an.“

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