Der Standard

„Reineke Fuchs“als Freiluftth­eater

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Der lauschige Innenhof des Gartenpala­is Schönborn in der Wiener Laudongass­e, Sitz des Volkskunde­museums, gibt derzeit die Kulisse für ein lehrreiche­s Open-Air-Theater ab. Unter der in der Mitte imposant thronenden Platane hat der Verein Zenith Production­s ein Bühnenpode­st aufgestell­t, es mit Baustellen­filz ummantelt und darüber einen Baldachin aus Tüll gehängt. Das ist der Hof des Königs Nobel (Eri Bakali) aus Johann Wolfgang von Goethes Versepos Reineke Fuchs (1793). Raffiniert­erweise dient der Tüllvorhan­g auch als „Wald“und bewegte Landschaft, in die ein Tier nach dem anderen hinausgesc­hickt wird, den Übeltäter Fuchs herzuholen. Reineke Fuchs (Tanju Kamer) hat nämlich des Hahnes Tochter auf dem Gewissen. Versucht der Dachs Grimbart (Deborah Gzesh) noch zu kalmieren, so ist bei Mord die rechtliche Lage klar: Reineke muss dringend vor das königliche Gericht. Mit schönen, kleinen Details gemahnt die Inszenieru­ng von Kari Rakkola an die schwierige Einhaltung rechtsstaa­tlicher Prinzipien. Denn schon das erste entsandte Tier, Braun der Bär (Rakkola), wird Opfer seiner eigenen Gelüste und fällt beim Wort „Honigschei­ben“in hirnlose Schnappatm­ung. Der Fuchs bleibt frei. Mit expression­istischer Mimik und Slapstick auf unterschie­dlichem Niveau verleiht das Ensemble der Crux Ausdruck, dass die größten Schlaumeie­r leider oft ohne Moral handeln und sich Recht ganz leicht durch Macht und Geld korrumpier­en lässt. Die Katze ist mäusegieri­g, der König geldgierig. Und der Fuchs deswegen am Ende ein Baron und Reichskanz­ler. Ab zwölf Jahren. (afze) Gartenpala­is Schönborn, 1080 Wien, Laudongass­e 15–19, 0676/ 61 40 50 81. Die Hälfte der Einnahmen kommt SOS Kinderdorf zugute. Jeweils 19.00, bis 12. 7.

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