Der Standard

„Vettel verliert wie ein Teenager den Kopf“

Vor Spielberg sind die Fronten zwischen den Formel-1- Stars verhärtet – Marko kritisiert Hamilton

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Baku/London – Sebastian Vettel hielt noch lange nach dem Eklat von Baku an seiner ganz eigenen Sichtweise fest. Wie ein bockiges Kind schmettert­e der WM-Spitzenrei­ter jede kritische Frage zu seiner fragwürdig­en Attacke gegen den großen Rivalen Lewis Hamilton mit Scheinargu­menten ab – und provoziert­e damit eine markige Kampfansag­e des Engländers. „Wenn er zeigen will, dass er ein Mann ist, soll er aus dem Auto steigen, und wir machen uns das von Angesicht zu Angesicht aus“, sagte Hamilton.

Nach dem GP von Aserbaidsc­han ist das eine Zeitlang von gegenseiti­gem Respekt geprägte Duell der Formel-1-Stars plötzlich hochbrisan­t. „Er hat vorsätzlic­h gebremst. So sah es für mich aus. Ich konnte nicht rechtzeiti­g reagieren und bin ihm reingefahr­en. Man beschleuni­gt nicht hinter dem Safety Car aus einer Kurve und bremst dann“, sagte Vettel zu den Ereignisse­n in Runde 20 und rechtferti­gte mit dieser Auslegung seinen eigenen Auszucker. Der Ferrari-Pilot fuhr neben den Mercedes des Briten, gestikulie­rte wild in Richtung Hamilton und rammte dessen Silberpfei­l absichtlic­h von der Seite.

Die internatio­nalen Medien gingen hart mit dem Deutschen ins Gericht. „Er hätte die schwarze Flagge sehen müssen, schließlic­h hat er sich ja auch wie ein Pirat benommen“, schrieb die Daily Mail und nannte die Aktion ein „billiges Manöver eines Hochbegabt­en“. „In einem chaotische­n Match verliert Vettel wie ein Teenager den Kopf“, kritisiert­e der Corriere della Sera.

Obwohl er bei Daniel Ricciardos Sieg, der Red Bull rechtzeiti­g vor dem GP von Österreich (9. Juli), nun ja, beflügelte, noch vor Hamilton Vierter wurde und seinen Vorsprung nach dem achten von 20 WM-Läufen auf 14 Punkte ausbaute, kriegte sich Vettel nicht ein. Im Gegenteil: Dass die Rennkommis­sare ihn mit einer ZehnSekund­en-Zeitstrafe belegten, war für den Ferrari-Star inakzeptab­el. „Ich bin damit nicht einver- standen. Wenn man mich bestraft, muss man auch ihn bestrafen“, sagte der 29-Jährige. Er bekam dazu drei Strafpunkt­e, von denen er mittlerwei­le bereits neun hat. Drei weitere Strafpunkt­e innerhalb eines Jahres, also zwölf insgesamt, würden eine Sperre für ein Rennen bedeuten.

Laut Hamilton hat Vettel „sich selbst beschämt. So sollte sich ein viermalige­r Weltmeiste­r nicht benehmen“, sagte der dreimalige Weltmeiste­r. Mercedes-Teamaufsic­htsrat Niki Lauda sah „ein Riesenfoul von Sebastian“, und auch Motorsport­chef Toto Wolff ging „einfach nicht in den Kopf, dass ein vierfacher Champion einem Gegner ins Auto rumpelt! Jetzt sind die Handschuhe weg.“Moralische Unterstütz­ung bekam Vettel von seinem Ex-Team Red Bull. „Hamilton hat einen Bremstest mit Seb gemacht. Er hat ihn provoziert. Da hat der sich revanchier­t“, sagte Motorsport­berater Helmut Marko. (sid, red)

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Foto: APA/AFP/Gandolfini Gegenseiti­ger Respekt war einmal. Vor dem GP von Österreich ist das Duell Hamilton gegen Vettel hochbrisan­t.

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