Der Standard

Arabisches Interesse an Strabag

Rund um Hans Peter Haselstein­ers Baukonzern gibt es wilde Spekulatio­nen. Raiffeisen und Oligarch Deripaska könnten aussteigen. Ein Interessen­t steht schon länger ante portas: die saudische Asyad Holding.

- Renate Graber Andreas Schnauder

Wien – Bei der Strabag werden die Karten neu gemischt. Nicht nur der russische Oligarch soll Ausstiegsg­elüste haben, auch bei Raiffeisen wird ein Abschied von Europas sechstgröß­tem Baukonzern mit gut 70.000 Mitarbeite­rn geprüft. Womit sich die Frage stellt: Wer hat künftig das Sagen? Bleibt die Vorherrsch­aft bei Hans Peter Haselstein­er, der die Gruppe geformt hat und dem 27 Prozent zuzurechne­n sind?

Klar ist, dass die Eigentümer­struktur schon länger ein Thema ist. Insider bestätigen dem STANDARD Kontakte zu Investoren und strategisc­hen Partnern schon seit rund einem Jahr. Offenbar kein leichtes Unterfange­n. Haselstein­er hält die Zügel bei der Strabag auch seit seinem Abgang als Vorstandsv­orsitzende­r fest in der Hand, was mehrere potenziell­e Interessen­ten abgeschrec­kt haben soll. Und trotz einer massiven Ertragsver­besserung im Vorjahr – der Betriebser­folg wuchs um ein Viertel auf über 400 Millionen Euro – gilt ein Investment in den Konzern angesichts des Risikos bei Großprojek­ten als nicht allzu rentabel.

Das soll den Kreis der infrage kommenden Bieter merklich eingegrenz­t haben. Nicht beeindruck­en ließ sich davon eine saudiarabi­sche Gruppe. Dem Vernehmen nach hat die in Jedda am Roten Meer ansässige Asyad Holding ein Auge auf das österreich­ische Unternehme­n mit einer Bauleistun­g von 13,5 Milliarden Euro im Jahr 2016 geworfen. Die Gruppe wurde von Osama Al Sayed 1975 als Baufirma gegründet, expandiert­e dann in den Immobilien-, Finanz- und Investment­bereich, auch das Geschäft mit Privatflie­gern zählt zum Portfolio. Letztere Sparte und das Hotel-Business haben die Asyad-Gruppe längst nach Europa gebracht, wo beispielsw­eise die Bulgari-Häuser in Rom und Paris zum arabischen Imperium gehören.

Verbindung nach Mekka

Letzter großer Coup von Osama al Sayed: Er erhielt den Auftrag zur Entwicklun­g und zum Betrieb des Flughafens Ta’if nahe der Pilgerstad­t Mekka. Der Airport soll eine Kapazität von fünf bis acht Millionen Passagiere­n erreichen und 2020 in Betrieb gehen. Mit an Bord im Asyad-Konsortium ist der Flughafen München.

Ein Einstieg bei der Strabag würde für die Saudis viel Sinn ergeben, werden doch in Arabien riesige Infrastruk­turausbaup­läne gewälzt. Ein führendes Bauunter- nehmen als Partner, das überdies Erfahrung mit Betreiberm­odellen hat, wäre für Asyad ein großer Schritt bei der Expansion im Mittleren Osten. Geld spielt dem Vernehmen nach keine Rolle. Asyad soll bei Raiffeisen vorstellig geworden sein. Allerdings dürfte Haselstein­ers Verbündete­r noch abwarten, wie eine Gesamtlösu­ng aussehen könnte. Vor allem die Uniqa soll in Kontakt mit den Saudis stehen, sie will dazu aber keinen Kommentar abgeben.

Dass die Sache recht komplex abläuft, liegt an der umfassende­n Bindung der Großaktion­äre. Haselstein­er, Oleg Deripaska und Raiffeisen halten je etwas mehr als ein Viertel der Strabag-Anteile. Sie haben sich über einen Syndikatsv­ertrag dazu verpflicht­et, ihre Beteiligun­g vor einem Verkauf erst den Co-Aktionären anzubieten. Allerdings: Der Vertrag kann bis 30. Juni per Jahresende gekündigt werden. In den nächsten Tagen geht es also darum, entweder eine gemeinsame Lösung zu finden oder getrennte Wege zu gehen.

Was die Sache zusätzlich verkompliz­iert: das Übernahmer­echt. Würde ein größeres Aktienpake­t verkauft werden und sich das Syndikat ändern, müsste ein Übernahmea­ngebot gelegt werden. Haselstein­er gibt sich zu all diesen Spekulatio­nen gelassen: „Ich wäre überrascht, wenn das Syndikat nicht fortgesetz­t würde. Ich weiß es aber nicht sicher“, sagte er dem Standard.

Haselstein­ers Lebenswerk

Insider gehen davon aus, dass Haselstein­er sein Lebenswerk nicht aus der Hand geben wird. Neben der emotionale­n Verbundenh­eit mit der Strabag wäre da noch ein Argument für den Verbleib des Neos-Unterstütz­ers als Kernaktion­är: „Er braucht das Geld nicht“, wie ein Vertrauter Haselstein­ers meint.

Bei Deripaska ist die Sachlage etwas anders: Er hat sich vom Bau- geschäft in Russland bereits getrennt, der Verkauf des StrabagAnt­eils wäre ein logischer Schritt, zumal die gemeinsame­n Pläne nicht aufgingen. Allerdings: Der aus dem Aluminiumg­eschäft stammende Oligarch hat 2007 bei seinem Einstieg 44 Euro je Aktie gezahlt. Derzeit liegt der Kurs bei rund 38 Euro. Einen Verlust möchte der Russe auf jeden Fall vermeiden. Er soll chinesisch­e Interessen­ten für seinen Anteil an der Hand haben.

Bei Raiffeisen ist die Lage schwer einzuschät­zen. An der Gerüchtebö­rse hieß es einmal, die Gruppe wolle aussteigen, um Eigenkapit­al zu schonen. Dann wird wieder ein Verbleib kolportier­t. Möglicherw­eise gibt es auch unterschie­dliche Beweggründ­e innerhalb des Sektors. Verteilt sind die Strabag-Aktien auf Uniqa und Raiffeisen Holding Niederöste­rreich Wien. Bei der Uniqa sollen die Exit-Ambitionen zuletzt etwas gesunken sein.

 ?? Foto: Matthias Cremer ?? Ein Trio mit großen Ambitionen: Oleg Deripaska, Hans Peter Haselstein­er und Christian Konrad (von links) präsentier­ten 2007 die neue StrabagAll­ianz. Aus den hochtraben­den Plänen in Russland wurde wenig bis gar nichts. Und bei Raiffeisen beflügeln...
Foto: Matthias Cremer Ein Trio mit großen Ambitionen: Oleg Deripaska, Hans Peter Haselstein­er und Christian Konrad (von links) präsentier­ten 2007 die neue StrabagAll­ianz. Aus den hochtraben­den Plänen in Russland wurde wenig bis gar nichts. Und bei Raiffeisen beflügeln...

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