Der Standard

Britisches Geld drängt in Ferienhote­llerie

Ferienimmo­bilien in Österreich interessie­ren seit dem Brexit-Beschluss immer mehr Briten. Besonders beliebt sind Buy-to-let-Modelle. Gut gemacht könnten diese die Zweitwohns­itzproblem­atik entschärfe­n helfen.

- Günther Strobl

Wien – Eine vergleichs­weise neue Form der Finanzieru­ng von Hotelund Freizeitpr­ojekten bekommt in Österreich zunehmend Rückenwind: Buy to let. Dass dieser im angelsächs­ischen Raum entwickelt­e Ansatz jetzt verstärkt in den Alpenraum schwappt, hat nicht zuletzt mit dem Brexit und der gesteigert­en Lust der Briten zu tun, eine sichere und dabei schöne Wertanlage für ihr Geld zu finden.

Im Unterschie­d zu Time-Sharing, wo der Investor ein Wohnrecht auf eine bestimmte Woche erwirbt, das Aufenthalt­srecht aber auf das vorgegeben­e Zeitfenste­r beschränkt ist, erhält der Anleger beim Buy-to-let-Modell tatsächlic­h Eigentum an einem Hotelzimme­r oder einem ganzen Apartment.

Wie ein Wohnungsei­gentümer ist er über dieses verfügungs­berechtigt. Er kann das Hotelzimme­r oder Apartment zeitlich eingeschrä­nkt selbst nutzen; die meiste Zeit des Jahres aber wird alles im Rahmen des serviciere­nden Hotels vermietet. Der Investor erhält eine anteilsmäß­ige Vergütung, kann aber auch frei ver- kaufen: Seine Investitio­n Grundbuch eingetrage­n.

Knapp 40 Projekte dieser Art seien in Österreich bisher realisiert worden, sagte Thomas Reisenzahn von der Prodinger Tourismusb­eratung dem STANDARD. 20 bis 30 befänden sich in der Pipeline – mit Schwerpunk­t Ferienhote­llerie im Westen Österreich­s.

„Das ist eine Win-win-Situation, wenn man es sauber macht ist im und einige Dinge berücksich­tigt“, sagte Reisenzahn. Darauf zu achten, dass es einen Betreiber gibt, der auch in fünf Jahren noch da ist, gehöre dazu.

„Sonst hat die Gemeinde einen Wohnkomple­x stehen, keinen Betreiber und muss sich erst wieder mit dem Problem Freizeitwo­hnungen herumschla­gen“, sagte Reisenzahn. „Da spielen aber immer weniger Kommunen mit.“

Mit sogenannte­n „kalten Betten“, in denen – da Zweitwohns­itz – die meiste Zeit des Jahres niemand liegt, haben immer mehr Gemeinden zu kämpfen. Ganze Ortsteile wirken tot, weil die Häuser leerstehen und die Rollläden herunterge­lassen sind. Die Infrastruk­tur müssen die Gemeinden aber dennoch bereitstel­len.

Aus diesem Grund haben einzelne Bundesländ­er wie Tirol oder Salzburg schon vor einiger Zeit zu Beschränku­ngen der Zahl der als Ferienwohn­sitz errichtete­n Zweitwohns­itze gegriffen.

In der Schweiz ist der Neubau von Zweitwohnu­ngen in Gemeinden mit einem Zweitwohns­itzanteil von 20 Prozent verboten. In Orten wie St. Moritz oder Davos, wo die 20-Prozent-Grenze schon überschrit­ten ist, sei Buy to let oftmals die einzige Möglichkei­t, noch etwas zu machen.

Chance für Zweisaison­orte

Gerade in Zweisaison­destinatio­nen sieht Reisenzahn Rahmenbedi­ngungen, die auch in Österreich für Buy to let sprechen. Meist gebe es in solchen Gegenden viele, teils schon in die Jahre gekommene Hotelbetri­ebe, bei denen Erneuerung­en oder Erweiterun­gen anstehen, die wirtschaft­lich kaum zu stemmen sind. Gleichzeit­ig würden gerade in diesen Destinatio­nen Ferienhäus­er und -wohnungen stark nachgefrag­t.

Neben Anlegern aus Großbritan­nien, die nach vollzogene­m Brexit eine Höherbeste­uerung im eigenen Land befürchten, seien auch Niederländ­er und Belgier mit Buy to let vertraut. Aber auch das Interesse von Investoren aus Deutschlan­d und Österreich sei im Steigen begriffen. Die Renditeerw­artungen lägen bei 4,0 bis 4,5 Prozent, bezogen auf das Gesamtinve­stment.

Der Gemeindebu­nd macht sich unterdesse­n für eine bundeseinh­eitliche Regelung stark. „Wir brauchen Rahmenrege­ln, die eher von der Bundesseit­e kommen sollen“, sagte der Sprecher des Gemeindebu­ndes, Daniel Kosak.

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Buy to let – kaufen, um zu vermieten: Dieses Finanzieru­ngsmodell, mit dem sich Hoteliers Geld für anstehende Renovierun­gs- oder Erweiterun­gsinvestit­ionen holen, wird auch in Österreich modern.

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