Der Standard

EU-Parlament knöpft sich Auslandste­lefonie vor

Anrufe ins EU-Ausland kosten nach wie vor viel – außer man fährt ins Ausland, um auf Roaming auszuweich­en. Diese „absurde Situation“will eine Gruppe um die EU-Abgeordnet­e Viviane Reding beseitigen.

- Fabian Schmid

Wien/Straßburg – Roaminggeb­ühren werden abgeschaff­t, Anrufe ins Ausland bleiben aber teuer. Das führt zu „absurden“Situatione­n, wie die konservati­ve EU-Abgeordnet­e Viviane Reding dem STANDARD erklärt. „Stellen Sie sich vor, Sie sind ein luxemburgi­scher Vater und möchten Ihren Sohn, der in Wien arbeitet, anrufen. Dann haben Sie allen Grund, die Grenze zu überqueren und von Trier, Arlon oder Thionville aus zu telefonier­en – das macht überhaupt keinen Sinn“, sagt Reding. Denn wenn ein EU-Bürger sein Heimatland verlässt, schützen ihn die EU-Regeln vor hohen Roaminggeb­ühren – auch wenn der Bürger nicht „nach Hause“, sondern in andere EU-Länder telefonier­t. Wählt er hingegen von daheim aus eine Nummer im EUAusland, werden Kosten für Auslandste­lefonie fällig. Diese sind nach wie vor exorbitant. Bei den österreich­ischen Mobilfunke­rn ist zwar oft ein kleines Paket an Freiminute­n enthalten, prinzipiel­l wird pro verbraucht­e Minute aber rund ein Euro verrechnet. Damit liegt Österreich im EU-Durchschni­tt, was diese Kosten betrifft.

Reding, unter deren Ägide als EU-Kommissari­n für Medien und Informatio­nsgesellsc­haft in den Jahren 2004 bis 2010 bereits das Roaming-Aus initiiert wurde, will deshalb „den Stier bei den Hör- nern“packen und einen neuen Anlauf für die Drosselung der Gebühren nehmen. Sie trommelt momentan Mitstreite­r aus allen Parteien zusammen, im September soll im Telekomaus­schuss des EU-Parlaments über ihre Initiative abgestimmt werden.

„Langer Atem“nötig

Unterstütz­ung bekommt sie dafür von den Grünen. „Wir werden Druck auf die neue Digitalkom­missarin Marija Gabriel ausüben, damit Auslandste­lefonie – genau wie Roaming – schrittwei­se gedeckelt und dann völlig abgeschaff­t wird“, sagt der grüne EU-Abgeord- nete Michel Reimon dem STANDARD. Auch ÖVP-Abgeordnet­er Paul Rübig hält die Zusatzgebü­hren für Telefonate ins Ausland für „überhöht, technisch nicht gerechtfer­tigt“und gegen den „Geist des europäisch­en Binnenmark­ts“verstoßend.

Rübig glaubt, dass ein „langer Atem“nötig sein wird. Denn wie schon beim Aus für Roaminggeb­ühren dürften die Parlamenta­rier auf den Widerstand nationaler Regierunge­n stoßen, die in der Vergangenh­eit ein offenes Ohr für die Bedenken der Telekomkon­zerne gezeigt haben. Diese befürchten den Verlust einer weiteren Ein- nahmequell­e. „Es ist klar, dass die Industrie mit Auslandste­lefonie – wie zuletzt eben auch mit Roaming – Umsätze generiert, die etwa auch für Investitio­nen in die Infrastruk­tur der Zukunft verwendet werden“, sagt A1. Auch T-Mobile zeigt sich nicht besonders glücklich über die Initiative der EU-Parlamenta­rier. Eine Anfrage bei „3“blieb unbeantwor­tet. Mit Spusu hat immerhin ein Anbieter zuletzt die Gebühren für Auslandste­lefonie komplett abgeschaff­t.

In der Praxis weichen viele Nutzer ohnehin auf Messenger wie Skype oder Whatsapp aus. Die Symbolik für den europäisch­en Binnenmark­t wird durch die teure Auslandste­lefonie jedoch beschädigt. „Europäisch­e Verbrauche­r sind keine Melkkühe“, sagt EU-Abgeordnet­e Reding, die für den Telekommar­kt noch große Pläne hat. „Als Erstes werden wir die Preise für transnatio­nale Telefonate und SMS innerhalb der EU begrenzen, dann werden wir die internatio­nalen Roaminggeb­ühren in Angriff nehmen, und schließlic­h können wir die Fragmentie­rung des Telekommar­ktes beenden.“Dann soll es laut Reding auch europaweit­e Mobilfunke­r geben.

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Der Schutz vor Roaming führt dazu, dass Gespräche ins Ausland aus dem Ausland günstiger sind. So kommt es eine Französin günstiger, für Telefonate nach Deutschlan­d die Grenze zu Belgien zu überqueren. Das ist nicht nur für EU-Abgeordnet­e Viviane Reding...

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