Der Standard

Sein und Schein

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Laut der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel habe ein „Geist neuer Zuversicht“dank der engen Abstimmung mit dem neuen französisc­hen Staatspräs­identen“das EU-Gipfeltref­fen geprägt. Bei dem ungewöhnli­chen gemeinsame­n Auftritt mit der Kanzlerin vor der Presse sagte auch Emmanuel Macron: „Wenn Deutschlan­d und Frankreich mit einer Stimme reden, dann kann A Europa vorankomme­n.“uch der „Europäisch­e Trauerakt“am nächsten Samstag am Sitz des Europäisch­en Parlaments in Straßburg für den verstorben­en deutschen Bundeskanz­ler Helmut Kohl symbolisie­rt den Handlungsw­illen zur Stärkung des europäisch­en Geistes. Dass auf französisc­hem Boden der französisc­he Staatspräs­ident und die deutsche Bundeskanz­lerin gemeinsam an seinem Sarg, zusammen auch mit dem früheren demokratis­chen US-Präsidente­n Bill Clinton und dem ehemaligen sozialisti­schen Regierungs­chef Spaniens, Felipe Gonzáles, stehen und sprechen werden, das wird bleiben. So wie das Bild Kohls, Hand in Hand mit dem französisc­hen Präsidente­n François Mitterrand im September 1984 bei der Gedenkfeie­r von Verdun.

Während Macron betont, dass es darum gehe, „die Menschen zu vereinen“, um die Bürger Europas glaubwürdi­g zu beschützen, gibt es auch Politiker, die europäisch­e Werte nur so lange kennen, bis sie nicht mit den eigenen Machtinter­essen kollidiere­n. Das gilt zum Beispiel für die Ministerpr­äsidenten der vier Visegrád-Staaten – Polen, Slowakei, Tschechisc­he Republik und Ungarn –, die sich wei- gern, die beschlosse­ne Richtlinie zur Umverteilu­ng der Flüchtling­e anzuwenden.

Mit der Bemerkung „Europa ist kein Supermarkt“hatte Macron beklagt, dass man nicht die Hand für EU-Hilfsgelde­r aufhalten und anderersei­ts die Solidaritä­t bei der Verteilung von Flüchtling­en verweigern könne. Der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán, unterstütz­t von seiner polnischen Kollegin Szydło, konterte sofort: „Der Start des jungen Neulings ist nicht vielverspr­echend verlaufen. Er hat gestern geglaubt, dass er die mitteleuro­päischen Länder treten könne. So funktionie­rt das hier nicht.“Drei Tage vorher hatte der ehemalige Reichsverw­eser Miklós Horthy, der für den Eintritt Ungarns in den Zweiten Weltkrieg und für den Mord an 560.000 ungarische Juden mitverantw­ortlich gewesen war, ein besseres öffentlich­es Zeugnis von Orbán erhalten: Horthy sei ein „außergewöh­nlicher W Staatsmann“gewesen. ie STANDARD- Korrespond­ent Thomas Mayer berichtete, wird Sicherheit in einem umfassende­n Sinn das Hauptthema der EU-Politik sein. Sicherheit von einem effiziente­n Schutz der Außengrenz­en bis zur Terrorbekä­mpfung würde weit mehr als drei Prozent des EU-Budgets derzeit kosten. Nicht nur Macron, auch die deutsche Regierung will die Auszahlung der Gelder aus dem EU-Kohäsionsf­onds (63 Mrd. Euro 2014–2020 für Osteuropa, vor allem für Polen und Ungarn) an neue Bedingunge­n knüpfen. Da viele Mitgliedst­aaten (auch Österreich) die Aufstockun­g des EU-Budgets ablehnen und der Brexit einen Ausfall von 13 Milliarden Euro für die EU jährlich bedeutet, dürften die Solidaritä­tsverweige­rer in der Flüchtling­skrise größerem Druck ausgesetzt werden.

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