Der Standard

KOPF DES TAGES

Der legere Künstler, der den Westen bezirzt

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Während man mit ihm redet, zeichnet er gern Ornamente auf einen Zettel. Heuer waren seine kleinen Zeichnunge­n auf der Biennale in Venedig zu sehen. Der 52jährige Künstler Edi Rama kann charmant sein, wenn es ihm dient, und er weiß vor allem, wie man westliche Politiker bezirzt. Der zwei Meter große ehemalige Basketball­er kann aber auch arrogant sein, gerade weil er denkt, dass er unwiderste­hlich ist.

„Edi“, wie viele ihn nennen, begann 1982 sein Kunststudi­um in Tirana, engagierte sich in der Studentenb­ewegung und ging 1994, also drei Jahre nach dem Sturz der Kommuniste­n, nach Paris. 1997 kehrte er in sein Heimatland zurück, ein Jahr später war er Kulturmini­ster.

Er kleidete sich leger und brachte eine rebellisch­e Note in die Politik. Als er im Jahr 2000 erstmals Bürgermeis­ter von Tirana wurde, ließ er graue Plattenbau­ten bunt anmalen. Die Hauptstadt ist bis heute von seinem mediterran­en Spieltrieb geprägt. Er nannte seine Arbeit als Bürgermeis­ter „die höchste Form von Konzeptkun­st“.

Damals wie heute versucht er ein wenig Ordnung in das städtebaul­iche Chaos zu bringen. Seit 2013, als er Regierungs­chef wurde, zahlen viele Leute erstmals Stromrechn­ungen. Vom Westen gelobt wurde er zuletzt vor allem dafür, dass er eine Justizrefo­rm in Gang brachte, die von den USA und der EU mitkonzipi­ert wurde. Viele Richter und Staatsanwä­lte sind korrupt, die Verfahren intranspar­ent. Es ist nun auch Ramas Verdienst, wenn Albanien wegen der Reform kommendes Jahr grünes Licht für EU-Beitrittsv­erhandlung­en bekommen wird.

Der Mann mit dem breiten Grinsen baute zudem erstmals eine Beziehung zu Serbien auf. In der Region machte er sich aber auch unbeliebt, weil er sich in die mazedonisc­he Politik einmischte und die EU zu einer rascheren Integratio­n des Westbalkan­s auffordert­e – mit der „Androhung“, andernfall­s „Großalbani­en“zu erwägen.

Im Land selbst nahm davon kaum jemand Notiz. Da wird ihm eher angekreide­t, sich mit kriminelle­n Politikern eingelasse­n zu haben – und diese teils zu schützen. Besonders heikel ist, dass seit seiner Regierungs­zeit der Anbau von Cannabis und damit die organisier­te Kriminalit­ät angewachse­n ist.

Politisch hat dies Rama aber nicht geschadet. Im Gegenteil: Der Mann brachte seiner Partei am Sonntag zehn Prozentpun­kte Zuwachs. Rama ist seit 2010 mit der Ökonomin Lindita Rama verheirate­t. Aus erster Ehe hat er einen Sohn namens Gregor. Adelheid Wölfl

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Foto: AFP Albaniens Premier Edi Rama fuhr erneut einen Wahlsieg ein.

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