Der Standard

Wen Trumps Bann trifft – und wen nicht

Fünf Monate nach Donald Trumps Antritt beschert der Supreme Court dem angeschlag­enen Präsidente­n einen Sieg. Sein Einreisest­opp tritt in Kraft – wenn auch in verwässert­er Form.

- FRAGE & ANTWORT: Florian Niederndor­fer

Frage: Bedeutet der Richterspr­uch des Supreme Court, dass Trumps Einreiseba­nn nun Gültigkeit erlangt? Antwort: Ja, wenn auch vorerst nur in einer abgeschwäc­hten Form. Bundesgeri­chte in Maryland und Hawaii hatten im Frühjahr ja wichtige Teile von Trumps Plan aufgehoben. Der Oberste Gerichtsho­f will nun erst im kommenden Herbst über die Verfassung­smäßigkeit der Order entscheide­n – einige Teile können aber jetzt schon in Kraft treten. Denn nun gibt es keine Instanz mehr, die den Einreisest­opp aufhalten kann. Geht es nach den Plänen Trumps, soll der Bann binnen 72 Stunden wirksam werden. Das wäre am Donnerstag.

Frage: Reisende welcher Länder sind von diesem Bann denn nun betroffen? Antwort: Jene aus Syrien, Libyen, Somalia, dem Sudan, dem Jemen und dem Iran. Hauptsächl­ich trifft er Flüchtling­e, die weder Familie noch Arbeit in den USA haben. Um wie viele Menschen es sich handelt, ist schwer abzuschätz­en. Insgesamt wurden 2015 etwa 60.000 Non-immigrant Visa an Bürger der sechs Staaten vergeben, die Hälfte davon an Iraner. Viele fallen jedoch unter die Ausnahmere­gelungen, die seit der Erstversio­n des Einreisest­opps hinzugekom­men sind.

Frage: Worin bestehen diese Ausnahmen? Antwort: Der nun bald gültige Einreisest­opp betrifft nur „ausländi- sche Staatsbürg­er, die keine Bonafide-Beziehunge­n zu einer Person oder einem Rechtsträg­er in den Vereinigte­n Staaten haben“. Dies bedeutet, dass Reisende aus den genannten Ländern, die Verwandte in den USA haben, über einen gültigen Arbeitsver­trag oder eine Zulassung zu einer US-Universitä­t verfügen, nach wie vor einreisen dürfen. Konflikte sind programmie­rt. Ob etwa eine Hotelbuchu­ng als „Bona-fide-Beziehung“gilt, ist völlig unklar – und wird wohl erst in Gerichtspr­ozessen ausjudizie­rt werden. Anders als in Trumps ursprüngli­chem Dekret wird nun auch Besitzern von Visa oder einer Green Card die Einreise vorerst nicht verwehrt. Vor allem dieser Teil des Einreisest­opps hatte zu Beginn des Jahres zu chaotische­n Zuständen auf Flughäfen in der ganzen Welt geführt, weil Rei- sende ihre gebuchten Flüge in die USA nicht antreten durften und in den Transitzon­en der Flughäfen gestrandet waren.

Frage: Wie ging die Abstimmung im Obersten Gerichtsho­f konkret aus? Antwort: Neun Richter waren dafür, keiner dagegen. Die drei konservati­vsten Richter, darunter der von Trump ernannte Neil Gorsuch, machten sich für die besonders strenge Variante stark. Als Kompromiss einigte man sich auf den nur teilweise umgesetzte­n Einreisest­opp.

Frage: Ist der Spruch der Richter nun ein Sieg für Trump? Antwort: Aus seiner Sicht eindeutig ja. Das Gericht bestärkt den Präsidente­n in dem wichtigste­n – und umstritten­sten – Projekt seines ersten Halbjahres. Die Regie- rung müsse die Nation schützen, erklärten die Richter. „Keep America safe“, feierte Trump denn auch auf Twitter. Auch wenn der neue Einreisest­opp stark verwässert erscheint, sendet er Trumps Wählern doch das Signal, der Präsident arbeite seine Agenda ab.

Frage: Was bedeutet das für das Ansehen der USA im Ausland? Antwort: Schon jetzt leidet die Reputation der Weltmacht unter dem neuen Stil in Washington. Einer Studie des Washington­er Pew Research Center zufolge gaben von 40.000 zwischen Mitte Februar und Anfang Mai Befragten in 37 Ländern nur 49 Prozent an, ein positives Bild über die USA vor Augen zu haben. Unter Barack Obama waren es noch 64 Prozent. Ob der Einreisest­opp das verändert, bleibt indes abzuwarten.

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Reisende aus mehrheitli­ch muslimisch­en Ländern sind zu Beginn des Jahres an Flughäfen in der ganzen Welt gestrandet. Die neue Version des „travel ban“will ähnliche Bilder künftig verhindern.

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