Der Standard

Auf den Spuren der Methusalem­s der Meere

Im Vorjahr stellte sich heraus, dass Grönlandha­ie an die 400 Jahre alt werden können. Nun unternahme­n Forscher eine weitere Expedition, um mehr über die rätselhaft­en Tiere ans Licht zu bringen.

- David Rennert

Manchester/Wien – Eine Studie im Fachblatt Science katapultie­rte die Grönlandha­ie vergangene­n August aus den arktischen Tiefen des Nordatlant­iks in die terrestris­chen Schlagzeil­en: Forscher der Universitä­t Kopenhagen legten die bisher genaueste Altersbest­immung von Exemplaren dieser Spezies vor und kamen zu dem Schluss, dass kein anderes Wirbeltier der Welt so alt wird wie sie. Mindestens 400 Jahre kann das Leben der Haie demnach betragen.

Doch wie verbringen die Riesen, die mit einer durchschni­ttlichen Körperläng­e von vier bis fünf Metern zu den größten Haiarten zählen, ihr langes Leben, und welche physiologi­schen Eigenschaf­ten ermögliche­n solch ein hohes Alter? Sind sie gefährdet? Noch immer ist äußerst wenig über die Tiere bekannt, sagt Holly Shiels von der Universitä­t Manchester zum STANDARD. Die Biologin ist erst vor wenigen Wochen von einer Grönlandex­pedition zurückgeke­hrt, bei der sie mit sieben weiteren Wissenscha­ftern internatio­naler Universitä­ten um- fangreiche Daten zu der Art gesammelt hat. Insgesamt fingen und untersucht­en die Forscher vor Ort 27 Grönlandha­ie, statteten sie mit GPS-Sendern aus und entließen sie wieder in Freiheit.

„Ein wichtiges Ziel ist, zu verstehen, wo genau die Tiere leben“, so Shiels. Das sei vor allem in Hinblick auf ihren Gefährdung­sstatus von Interesse: Mittlerwei­le ist bekannt, dass die Geschlecht­sreife mit etwa 150 Jahren einsetzt, doch wo die Haie ihre Jungen zur Welt bringen, ist unklar – Jungtiere wurden kaum je gesichtet. Shiels: „Die Frage ist: Gibt es so wenig Nachwuchs oder migrieren die Weibchen an einen anderen Ort?“

Träger Jäger

Das Bild der Ernährungs­weise der Grönlandha­ie verfeinert sich indes: Dachte man früher, dass sie vorwiegend am Meeresgrun­d nach Aas suchen, fanden Shiels und ihre Kollegen etliche Hinweise darauf, dass sie in unterschie­dlichen Tiefen aktiv sind – als Jäger: Analysen der Mageninhal­te brachten vor allem Überreste von Robben zum Vorschein.

Wie die Haie bei der Jagd vorgehen, ist aber unklar, denn sie bewegen sich üblicherwe­ise extrem langsam. Shiels fand heraus, dass ihr Herz durchschni­ttlich knapp einmal alle zehn Sekunden schlägt. Um mehr über das Herz und die Herzgesund­heit der Altersreko­rdhalter unter den Wirbeltier­en zu erfahren, nahm die Forscherin unter anderem auch Gewebeprob­en. Die Ergebnisse der Forschungs­gruppe sollen in den kommenden Monaten veröffentl­icht werden.

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Grönlandha­ie halten den Altersreko­rd unter den Wirbeltier­en, doch wie sie ihr langes Leben verbringen, ist noch weitgehend unbekannt. Mexiko-Stadt Lancaster Bern

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