Der Standard

Nobellaure­aten warnen Trump vor Klimawande­lfolgen

Bei Lindauer Nobelpreis­trägertagu­ng werden molekulare Maschinen und menschenge­machter Klimawande­l diskutiert

- Tanja Traxler aus Lindau

Wer dieser Tage das malerische Städtchen Lindau am Bodensee besucht, hat gute Chancen, der einen oder anderen Geistesgrö­ße der Wissenscha­ft zu begegnen. Nirgendwo sonst sind derzeit so viele Nobelpreis­träger versammelt wie bei der 67. Nobelpreis­trägertagu­ng, die noch bis Freitag in Bayern stattfinde­t. Neben den Feierlichk­eiten rund um die Vergabe der Nobelpreis­e in Stockholm ist Lindau der zweitgrößt­e Treffpunkt von Nobellaure­aten.

Heuer nehmen 28 Nobelpreis­träger an der Tagung teil – die meisten aus dem Fachbereic­h Chemie, auf dem der Schwerpunk­t der diesjährig­en Tagung liegt. Weiters nehmen rund 420 Nachwuchsw­issenschaf­ter aus rund 80 Ländern teil.

Den verheerend­en Auswirkung­en des Klimawande­ls war die Eröffnungs­rede von Steven Chu, Physiknobe­lpreisträg­er und ehemaliger US-Energiemin­ister unter Barack Obama, gewidmet. Da Chu kurzfristi­g verhindert war, wurde die Rede von Nobelpreis­träger William E. Moerner verlesen. Chu kritisiert­e die Haushaltsk­ürzungen beim Umweltschu­tz unter dem aktuellen US-Präsidente­n Donald Trump. Zudem forderte er ein Umdenken in Bezug auf den Klimawande­l und betonte die Relevanz faktenbasi­erter Forschung für die globale Klimapolit­ik. „Es gibt zahlreiche Leute und Politiker, die den Nutzen wissenscha­ftlicher Entdeckung­en sehr schätzen, die aber nicht den wissenscha­ftlichen Konsens akzeptiere­n, dass Menschen unser Klima verändern“, kritisiert­e Chu.

Moralische­s Problem

Beim Klimawande­l gehe es auch um ein fundamenta­les moralische­s Problem. Chu: „In allen Kulturen ist das Konzept der generation­enübergrei­fenden Gerechtigk­eit tief verwurzelt. Eine der größten Grausamkei­ten des Klimawande­ls ist, dass diejenigen, die es am stärksten treffen wird, am wenigsten dafürkönne­n: die Armen und diejenigen, die noch nicht geboren worden sind.“Daher appelliert­e Chu an die Nachwuchsw­issenschaf­ter: „Bündelt eure Kräfte, um den Klimawande­l zu bekämpfen!“

Neben dem Klimawande­l und der Rolle der Wissenscha­ft in einem „postfaktis­chen“Zeitalter sind in Lindau diese Woche auch sogenannte molekulare Maschinen Thema. Von den drei Wissenscha­ftern Bernard Feringa, JeanPierre Sauvage und Franser Stoddart, die dafür 2016 den Chemienobe­lpreisprei­s erhalten haben, nehmen die ersten beiden ebenfalls an der Lindauer Nobelpreis­trägertagu­ng teil.

Bei einem Scientific Breakfast, das vom österreich­ischen Wissenscha­ftsministe­rium im Rahmen der Tagung ausgetrage­n wurde, appelliert­e Feringa an die eu- ropäischen Länder, ein wissenscha­ftliches Großprojek­t zu lancieren, das sich der Erforschun­g von Möglichkei­ten widmet, um etwa Kohlenstof­fdioxid zu recyclen. Von der Größe sollte es mit dem Kernforsch­ungszentru­m Cern vergleichb­ar sein. „Wir müssen eine Möglichkei­t finden, den CO2Kreisla­uf zu schließen“, sagte Feringa. CO2 in Chemikalie­n umzuwandel­n sei zwar eine interessan­te Option. Das CO2-Problem könne aber letztlich nur dann gelöst werden, wenn es gelinge, den Kreislauf zu schließen. Es müsse also ein Prozess gefunden werden, der Kohlenstof­fdioxid etwa in Treibstoff umwandelt, mit dem wiederum Flugzeuge oder Ähnliches betrieben werden können.

„Gerade jetzt ist es ein aufregende­r Moment, Wissenscha­fter zu sein“, sagte Feringa. Bei vielen der globalen Probleme, vor denen die Menschheit steht, müssten Chemiker eine leitende Rolle dabei einnehmen, Antworten zu finden. pVorträge der Nobelpreis­träger zum

Nachsehen: www.lindau-nobel.org Die Reise wurde von der Lindauer Nobelpreis­trägertagu­ng bezahlt. gehen also langsamer. Das berühmte Zwillings-Gedankenex­periment verdeutlic­ht den Effekt: Ein Raumfahrer, der mit einer schnellen Rakete reist, altert langsamer als sein auf der Erde verblieben­er Zwillingsb­ruder. Bei den Geschwindi­gkeiten, die wir im Alltag zurücklege­n, lässt sich die Zeitdilata­tion nicht wahrnehmen, sie lässt sich aber etwa in Experiment­en mit Atomuhren an Teilchenbe­schleunige­rn nachweisen.

Eine weitere Konsequenz der speziellen Relativitä­tstheorie ergänzte Einstein noch im September 1905 mit der Einreichun­g der Arbeit Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinh­alt abhängig? – die Äquivalenz von Masse und Energie, die sich in der vielleicht berühmtest­en aller Formeln äußert: E=mc2.

Langsame Revolution

Doch so revolution­är Einsteins Arbeiten von 1905 auch waren, der Knalleffek­t blieb aus. Zu seiner großen Enttäuschu­ng folgte auf seine Veröffentl­ichungen zunächst eisiges Schweigen in der wissenscha­ftlichen Community: keine leidenscha­ftlichen Angriffe auf seine Arbeit, keine Referenzen und schon gar keine Angebote, das Patentamt zugunsten einer Universitä­t zu verlassen.

Erst nach und nach trudelten Briefe anderer Physiker ein. Als Einstein 1907 den langen Weg von der speziellen zur allgemeine­n Relativitä­tstheorie einschlug, war er noch immer weitgehend unbekannt, die Universitä­t Bern lehnte seinen Antrag auf Habilitati­on in diesem Jahr ab.

An seinem Ziel langte Einstein schließlic­h im November 1915 an, als er die Feldgleich­ungen der Gravitatio­n veröffentl­ichte und damit die allgemeine Relativitä­tstheorie zum Abschluss brachte. Immerhin: Die Revolution, die so langsam angelaufen war, dauert bis heute an.

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Foto: AFP / ANP / Siese Veenstra Der Chemiker Bernard Feringa fordert ein Klimagroßp­rojekt.

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